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Aus: Ausgabe vom 18.09.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Atomenergiebehörde

Normalisierung mit Syrien

Beruhigte Lage im Land: Atomenergiebehörde IAEA erwägt Ende der Sondermissionen
Von Dieter Reinisch, Wien
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Der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde, Rafael Grossi, unterwegs als diplomatischer Streiter (Wien, 9.9.2024)

Iran und Ukraine, zwei Länder, die die Atomenergiebehörde IAEA in den vergangenen Jahren am meisten beschäftigten. Nun ist das Duo zum Trio geworden, Syrien steht gleichfalls ganz oben auf der IAEA-Tagesordnung.

Obwohl medial wenig beachtet, wird hinter den Kulissen eifrig daran gearbeitet, die Sondermissionen der IAEA in Syrien zu beenden. »Es ist ein altes Thema, es zieht sich mittlerweile seit mehr als zehn Jahren von einem Treffen zum nächsten, und die IAEA will das endlich vom Tisch wegbekommen«, erzählte ein IAEA-Kenner, der anonym bleiben will, am Rande des Board-of-Governors-Treffens vergangene Woche jW.

Als der Bürgerkrieg in Syrien ausbrach, begann eine Sondermission der IAEA die Beobachtung und Dokumentation der nuklearen Sicherheit in dem Land. Atomreaktoren sollten nicht zum Ziel von Angriffen werden und spaltbares Material nicht in die Hände von »Terroristen« fallen.

Doch mittlerweile hat sich die Sicherheitslage in dem Land wieder grundlegend gewandelt. Der syrische Präsident Baschar Al-Assad hat den Machtkampf gewonnen und sitzt fest im Sattel. Kämpfe im Inneren gibt es nur noch ganz im Nordwesten und entlang der jordanischen und irakischen Grenzen im äußersten Süden und Osten. Der Rest des Landes ist weitgehend befriedet – sieht man von den regelmäßigen Angriffen Israels ab, die in den vergangenen Monaten merklich zugenommen haben.

Unter dem Strich sind die nuklearen Anlagen wieder in Sicherheit, und die Notwendigkeit einer Sonderrolle des Landes bei der IAEA fällt weg – Ressourcen, die die Organisation gerne anderweitig verwenden möchte, etwa in der Ukraine. Bloß, Probleme gibt es weiter. Denn eine Normalisierung mit Syrien würde bedeuten, dass vor allem die sogenannten E3-Staaten – Großbritannien, Frankreich und Deutschland – gemeinsam mit den USA in der internationalen Organisation die Assad-Regierung anerkennen würden und dadurch die Oppositionskräfte weiter isoliert werden.

Der IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi versucht, diesen normalen Umgang gegen den Willen einiger Mitgliedstaaten voranzutreiben. Auf der 68. IAEA-Generalkonferenz sagte er am Montag: »Ich bekräftige hier und jetzt meine Bereitschaft, unsere Bemühungen fortzusetzen, so wie wir es in Syrien tun, wo wir nun zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt versuchen, Klarheit in einige der Fragen zu bringen, die in der Vergangenheit Anlass zu großer Sorge gaben.« Er fügte hinzu, was wie ein Seitenhieb in Richtung einiger Mitgliedsländer klang: »Wie Sie also sehen können, liebe Freunde, zeigt die IAEA in all diesen Punkten ihren aktiven Beitrag zur Weltagenda.«

Übrigens: bereits seit längerem ist Assad wieder willkommener Gast bei den Treffen der Arabischen Liga. Auch in Brüssel wird zunehmend für eine Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien geworben. Im Gegensatz zur IAEA auf EU-Ebene auch von Deutschland – denn nur ohne Sanktionen könne problemlos abgeschoben werden.

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