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Aus: Ausgabe vom 18.09.2024, Seite 14 / Feuilleton

Rotlicht: Metapher

Von Felix Bartels
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Heuhaufen: Schlecht, Kirchen drauf zu bauen, gut, Nadeln drin zu finden

Eine Metapher macht Schwieriges einfach. Sie kann das aber nur, weil sie selbst nicht einfach ist. Ihre Definition erweist sich als kompliziert und muss in Stufen vorgenommen werden.

Die Metapher ist ein Zeichen. Ein sprachlich vermitteltes Zeichen. Ein sprachlich vermitteltes Zeichen, das bildhaft ist. Ein sprachlich vermitteltes Zeichen, das bildhaft ist und Bedeutung trägt. Ein sprachlich vermitteltes Zeichen, das bildhaft ist und Bedeutung trägt, aber etwas anderes bedeutet. Ein sprachlich vermitteltes Zeichen, das bildhaft ist und Bedeutung trägt, aber etwas anderes und dennoch zugleich sich selbst bedeutet. Ein sprachlich vermitteltes Zeichen, das bildhaft ist und Bedeutung trägt, aber etwas anderes und dennoch zugleich sich selbst bedeutet sowie dabei Schönheit erzeugt. So weit, so verwickelt. Wer Herausforderungen liebt, kann versuchen, diese Definition der Metapher in eine Metapher zu fassen.

Das Wort leitet sich ab vom griechischen Verb μεταφέρειν, das so viel wie »(etwas) nach etwas hintragen« bedeutet. Die Haupteigenschaft der Metapher, das, wofür sie gekauft wird, ist, dass sie einen Inhalt überträgt. Der dadurch anschaulicher, didaktisch fasslicher oder schöner wird. Diesen drei Eigenschaften entsprechen die drei Bereiche, in denen die Metapher Zwecke erfüllt.

Zunächst gehört sie in den Bereich der Rhetorik, dort genauer zu den Tropen: anschaulichen Ausdrücken, die eigentlich etwas anderes bedeuten. Eingesetzt wird sie auch in der Philosophie, prominent in den Dialogen Platons, die didaktischen Charakter haben und dennoch zur Deutung herausfordern. Platon macht etwas klar, indem er es unklar macht. Das hauptsächliche Feld der Metapher bleibt die Poesie, und vice versa ist die Metapher deren hauptsächliches Mittel. Die in ihrer Definition angerissenen Widersprüche werden hier wichtig.

Der erste Widerspruch liegt darin, dass ein Wort Bild wird. Der zweite darin, dass dieses Bild im Akt des Übertragens wieder Wort wird (aber ein anderes). Drittens kann eine Metapher vermittels Anschaulichkeit nur dann Schönheit erzeugen, wenn sie unabhängig von ihrer Funktion funktioniert. Damit unterscheidet sie sich von der Allegorie, die ganz in ihrer Funktion, Bedeutung zu sein, aufgeht. Eine Metapher besitzt ein Eigenleben und kann Schönheit entfalten, ohne Rücksicht auf die Sache, auf die durch sie angespielt ist. Man muss das Gemeinte nicht verstanden haben, um sie genießen zu können. Und somit bleibt die Anspielung nicht konkret, sie wird allgemein. Innere Stimmigkeit macht sie vielfach anwendbar und interpretierbar. Allegorie meint eine bestimmte Sache, Metapher zielt auf grundlegende (geistige, emotive, praktische, politische) Muster. Die innere (poetische) Logik entspricht auf schwer erklärbare Weise der äußeren (weltlichen) Logik. Ganz ähnlich, wie eine gut gebaute Fabel den Leser/Zuschauer fast unvermeidlich zur Assoziation mit ihm bekannten Weltvorgängen bringt.

Die Bedeutung der Metapher geht ebenso über die Bedeutung ihres sprachlichen Ausdrucks hinaus, wie sie hinter diesen zurückfällt. Sie meint zugleich mehr und weniger als das Wort, in dem sie enthalten ist. Wenn Jesus etwa zu seinem ersten Jünger spricht: »Und ich sage dir auch: Du bist Petrus (Πέτρος), und auf diesen Felsen (πέτρα) will ich bauen meine Gemeinde« (Matthäus 16,18), dann spielt er mit der Bedeutung des Namens »Petrus«, und der Felsen ist weniger als seine geologische Zusammensetzung, seine tektonische Genese, die Flora und Fauna, die er beherbergt, oder seine Rolle in der Geschichte des Bergsteigens. Anderseits bedeutet er vermöge seiner metaphorischen Eigenschaften mehr: das feste Glaubensbekenntnis, auf dem die Kirche steht, die Kirche, die den Gläubigen Form und Stabilität gibt, die Höhe, zu der der Jünger sich im Glauben emporarbeiten muss, ehe er sicher auf ihm stehen kann.

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