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Aus: Ausgabe vom 20.09.2024, Seite 6 / Ausland
Mali

Angriff abgewehrt

Mali: Bewaffnete greifen Militärbasis von russischem Afrikakorps an, Zusammenarbeit ärgert auch Frankreich
Von Georges Hallermayer
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Kampf um die Kontrolle der Goldminen: Kämpfer der Azawad-Gruppe treffen auf das russische Korps (Tinzaouatèn, Ende Juli)

Der Überfall der mit Al-Quaida verbundenen »Unterstützungsgruppe des Islam und der Muselmanen« (Jama’at Nasr al-Islam wal Muslimin, JNIM) am frühen Dienstag morgen war gut geplant: Zum Jahrestag der Gründung der Allianz der Sahelstaaten. Gezielt wurde auf die Hauptstadt Malis, Bamako – genauer: auf die Militärbasis 101 auf dem Flughafen »Modibo Keïta«, wo die russischen Soldaten des Afrikakorps untergebracht sind, und auf die zehn Kilometer entfernte Gendarmerieschule in Faladié, wo der Nachwuchs der militärischen Elite ausgebildet wird. Und das, nachdem erst am 28. Juli die mit JNIM verbündeten Azawad-Gruppen der malischen Armee und dem russischen Afrikakorps in Tinzaouatène blutige Verluste zugefügt hatten.

Den Terroristen gelang es in ihrem dreistündigen Gefecht, das Schlafgebäude in Feuer zu setzen, aber nicht, in die Gebäude der Militärschule einzudringen. General Oumar Diarra, Chef der malischen Armee beglückwünschte in seiner Stellungnahme die schnelle Reaktion der Soldaten, die Eindringlinge zu »neutralisieren« – 18 von ihnen wurden gefangen und dem Geheimdienst SE überstellt – und kündigte Untersuchungen an, aber dennoch zu vermeiden, ethnische Gruppen wie Araber, Peuls oder Tamacheks zu stigmatisieren, die oft ungerechtfertigt mit dschihadistischen Terrorgruppen in Zusammenhang gebracht werden.

Aber in der Militärzone am Flughafen richteten sie beträchtlichen Schaden an. Die Kämpfe dauerten bis in den späten Nachmittag. Wie Mali Actu berichtete, wurde ein Transport- und das Präsidentenflugzeug beschädigt – die Toten sind noch nicht gezählt. Aber das Krankenhaus »Gabriel Touré« in Bamako und das in Kati habe über ein Dutzend Militärs mit Schussverletzungen und Verbrennungen aufgenommen, wie Jeune Afrique meldete.

Vor sechs Monaten hatte die Armee mit dem Afrikakorps die bedeutendste Goldmine des Landes besetzt und dem Einfluss der Terrorgruppen entzogen. Das staatliche Bergbauunternehmen Sorem wird nunmehr die Exploration der bislang handwerklich betriebenen Goldmine Intahaka in der Region Gao im Norden übernehmen.

Der geplante Anschlag in der Hauptstadt weist zudem wohl auf die geheime Hand des französischen Geheimdienstes DGSE hin – wie es in Bamako die »Spatzen von den Dächern pfeifen«. Einmal, um die Lage Malis weiter zu destabilisieren, aber vor allem, um den von der militärisch-zivilen Übergangsregierung in Gang gesetzten »Intermalischen Dialog für Frieden und nationale Versöhnung« und einen Verfassungsentwurf, die »Neue Charta« zu sabotieren. Die Regierung hatte in den vergangenen Monaten die politischen Parteien verboten und elf Oppositionelle verhaftet, die umgehende Wahlen gefordert hatten. Diese restriktive Haltung zu ändern, obliegt einer aus allen Gesellschaftsgruppen zusammengesetzten Kommission, innerhalb von zwei Monaten einen Entwurf der »Charta« zur breiten Diskussion vorzulegen.

Klar Schiff soll endlich ein am Dienstag eröffneter Korruptionsprozess machen, den »größten nationalen Finanzskandal« zu bereinigen und das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen. Seit zehn Jahren rumort es bereits um die »geschmierte« Anschaffung des Präsidentenflugzeugs (28,5 Milliarden CFA-Francs BEAC, umgerechnet ca. 45,5 Millionen Euro) und Waffenlieferungen im Wert von 69 Milliarden (105 Millionen Euro). Mehrere hohe Offiziere sitzen auf der Anklagebank neben dem Unternehmer Sidi Mohammed Kagnassi und dem früheren Wirtschafts- und Finanzminister und dem Kabinettschef des 2020 abgesetzten und mittlerweile verstorbenen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta.

Eine »neue historische Seite in den Annalen der chinesisch-malischen Zusammenarbeit« wurde laut Präsident Xi Jinping mit mehreren Vereinbarungen aufgeschlagen, die die »strategische Partnerschaft« wirtschaftlich untermauern sollen. Vor zwei Wochen wurde während des 9. Forums für chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit in Beijing unter anderem der Plan gefasst, die Energieversorgung zu verbessern: mit dem vereinbarten Bau von Solarkraftwerken mit jeweils 100 Megawatt in den Regionen Kayes und Koulikoro und den Solarkraftwerken Safo 1 und Safo 2.

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