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Aus: Ausgabe vom 20.09.2024, Seite 6 / Ausland
Australien

Vorwurf: Chinesen ausgebildet

Ohne Anklage in Australien inhaftierter Ex-US-Pilot soll ausgeliefert werden
Von Gerrit Hoekman
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Gegen die Auslieferung an die USA: Unterstützer von Daniel Duggan in Sydney (4.10.2024)

Seit seiner Verhaftung am 21. Oktober 2022 sitzt Daniel »Dan« Duggan ohne Anklage in einem Hochsicherheitsgefängnis in Australien. Der 56jährige ist eingesperrt, weil die USA seine Auslieferung fordern. Der ehemalige Marinepilot der US-Luftwaffe soll in den Vereinigten Staaten vor Gericht gestellt werden, weil er 2012 in Südafrika chinesische Piloten ausgebildet haben soll – lange, nachdem er die US-Armee verlassen hatte. Am Montag teilte der australische Generalstaatsanwalt Mark Dreyfus laut Australian Associated Press (AAP) in Sydney mit, er werde einen 89 Seiten starken Antrag von Duggan eingehend prüfen.

Der Fall Duggan sei »ein Test für die australische Souveränität«, warnen seine Unterstützer auf der Internetseite Freedanduggan.org. Dreyfus ist praktisch Duggans letzte Hoffnung, nachdem ein Richter im Mai die Auslieferung des Expiloten für rechtens erklärt hatte. Und das, obwohl Duggan seit 22 Jahren mit seiner Familie in Aus­tralien lebt und seit 2012 australischer Staatsbürger ist. Die US-Staatsbürgerschaft legte er damals ab. Der dem Generalstaatsanwalt vorliegende Antrag »enthält monatelange Recherchen, Hintergründe und Expertenmeinungen zu Dans Fall. Es ist die detaillierteste Untersuchung der Vorwürfe gegen Dan und sie hat eklatante Fehler im Verfahren (…) aufgedeckt«, erklärte die Ehefrau Saffrine Duggan am Montag AAP zufolge. »Wichtige Beweisstücke wurden nicht vorgelegt, untersucht oder angefordert, darunter grundlegende Dinge wie Dans Fluglogbuch.«

Die Anklage in den USA gegen Duggan stammt aus dem Jahr 2017, also aus der Zeit als Donald Trump Präsident war. Die US-Justiz wirft dem Expiloten vor, er sei mit acht anderen an einer Verschwörung zum Schaden der USA beteiligt gewesen. Die Gruppe habe China militärische Dienstleistungen angeboten und versucht, Waffen in die Volksrepublik zu exportieren. An der »Test Flying Academy of South Africa« (TFASA) habe Duggan chinesische Piloten darin ausgebildet, mit Jets auf Flugzeugträgern zu landen. Weil er dafür angeblich rund 100.000 Dollar erhielt, werfen die USA ihm auch Geldwäsche vor.

Die Anklage wird laut seiner Ehefrau mit Gesetzen begründet, die erst 2018 verabschiedet wurden – neun Monate nach der Anklage und sechs Jahre nach den angeblichen Straftaten. Ihr Ehemann beteuert, er habe sich nichts Illegales zu Schulden kommen lassen. Die US-Behörden hätten sogar von seiner Tätigkeit in Südafrika gewusst. Außerdem beziehen sich die Anklagepunkte auf den März, April und November 2012, als Duggan anscheinend schon die australische Staatsbürgerschaft hatte. Der Auslieferungsvertrag zwischen Australien und den USA legt ferner fest, dass eine Auslieferung nur dann in Frage kommt, wenn die zur Last gelegte Straftat in beiden Ländern ein Verbrechen ist. 2012 gab es in Australien »kein Äquivalent zu den US-amerikanischen Gesetzen über den internationalen Waffenhandel (ITAR), was bedeutet, dass die Hauptanklage gegen Dan in Australien kein Verbrechen darstellte«, berichtete der Journalist Paul Gregoire am Mittwoch auf der Internetseite der »Sydney Criminal Lawyers«.

Erst 2023 setzte das US-Handelsministerium das TFASA auf seine Exportkontrollliste, was bedeutet, dass seitdem jedes US-Unternehmen, das Geschäfte mit der Flugschule machen will, vorher eine Genehmigung aus Washington einholen muss. Den USA und der NATO missfällt, dass TFASA mit Hilfe ehemaliger Kampfpiloten aus den USA, Kanada, Australien, Frankreich, Deutschland und Großbritannien chinesische Piloten ausbildet, weil es die Sicherheit des westlichen Bündnisses gefährde, berichtete die südafrikanische Wochenzeitung Daily Maverick am 14. Juli.

»TFASA vermittelt keinen Kunden geschützte oder geheime westliche Taktiken, Techniken oder Verfahren«, wehrt sich die Flugschule laut Daily Maverick. »Keiner der Mitarbeiter ist im Besitz von rechtlich oder betrieblich sensiblen Informationen, die die nationalen Sicherheitsinteressen irgendeines Landes betreffen, egal ob es sich um jenes Land handelt, aus dem die Mitarbeiter kommen oder für das sie Schulungen anbieten. TFASA operiert seit über einem Jahrzehnt mit dem vollen Wissen der Verteidigungs- und Sicherheitsbehörden der NATO.« Man habe weder in den USA noch anderswo Gesetze gebrochen. Mit ihren haltlosen Anschuldigungen wollten die USA ihren eigenen Flugschulen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Außerdem würden 70 Prozent der chinesischen Piloten noch immer in den USA ausgebildet.

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