75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Sa. / So., 09. / 10. November 2024, Nr. 262
Die junge Welt wird von 2974 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 20.09.2024, Seite 7 / Ausland
Katalonien

Puigdemont-Partei kippt Mietsenkung

Katalonien: Junts stimmt zusammen mit Rechten von PP und Vox gegen sozialeren Wohnungsmarkt
Von Carmela Negrete
imago442850928.jpg
Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist auch für spanische Mieter schwierig

Mit den sieben Stimmen von Junts per Catalunya, der Partei des ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont, ist am Dienstag abend im spanischen Parlament ein Gesetz gekippt worden, das die Preise für Saisonvermietungen regulieren sollte. Zur Begründung gab der noch immer im Exil lebende Politiker in einem längeren Post auf X am Mittwoch an, dass eine Minderheitsregierung nicht handeln könne, als habe sie eine absolute Mehrheit.

Doch mit der Zustimmung im Parlament haben Puigdemonts Junts ebenso wie die rechtskonservative bzw. rechte Partei PP und Vox gezeigt, wessen Interessen sie vertreten – nämlich die der großen Wohnungseigentümer wie Finanzfonds und Banken und nicht die der arbeitenden Bevölkerung. So ähnlich empörte sich auch die Vorsitzende der linken Partei Comuns im katalanischen Parlament, Jéssica Albiach, bei X: »Hört auf mit Ausreden. Ihr habt dagegen gestimmt, weil eure Interessen die der Spekulanten sind.« Tatsächlich lautete die Ausrede wie folgt: Mit dem Mietgesetz würden nationale Kompetenzen in Katalonien angewandt. Außerdem gab Junts-Sprecherin Míriam Nogueras an, dass das neue Gesetz die kleinen Eigentümer davon hätte abhalten können, ihre Immobilien zu vermieten. Dies würde »möglicherweise eine neue Branche der Zimmervermietung schaffen, die das eigentliche Problem nicht lösen wird«.

Initiiert worden war der Gesetzesvorschlag jedoch von der Mietergewerkschaft Spaniens. Denn im Mietgesetz von 2023 gibt es eine Lücke, die es Vermietern erlaubt, normale Mietwohnungen als Saison- oder Ferienwohnungen zu deklarieren und so die Preise nach Belieben zu erhöhen. Das Gesetz, über das verhandelt und abgestimmt worden war, als die linke Podemos noch Teil der Regierung war, sieht vor, dass Vermieter die Preise nicht ohne weiteres erhöhen können, sondern nur alle sechs Monate und maximal um drei Prozent. In Gebieten, in denen die Mieten bereits sehr hoch sind, ist es zunächst verboten, diese überhaupt zu erhöhen. Ein Hauptproblem des Gesetzes ist, dass seine Umsetzung von den regionalen Regierungen abhängt, die oft in den Händen rechtskonservativer Parteien wie in Madrid sind.

Paradoxerweise war es jedoch Katalonien, das in der Vergangenheit eine solche Begrenzung beschließen wollte und auf den Widerstand der Zentralregierung in Madrid stieß. 2020 hatte Junts zusammen mit den katalanischen Sozialdemokraten von ERC und der linken Candidatura de Unidad Popular eine Mietobergrenze beschlossen, die vom spanischen Verfassungsgericht für ungültig erklärt wurde. Dies war sogar als Argument für die Unabhängigkeit Kataloniens ins Spiel gebracht worden. 2023 wurde dieses Gesetz in Barcelona schließlich umgesetzt. Mit der Abstimmung gegen mehr Rechte für Mieter wird nun deutlich – etwas, das vielen Linken, insbesondere außerhalb Spaniens, nicht immer klar erscheint –, dass auch Liberale, selbst wenn sie aus Katalonien stammen und vom spanischen Staat verfolgt werden, liberale Politik betreiben. Am Mittwoch demonstrierte die Mietergewerkschaft von Barcelona daher vor der Parteizentrale von Junts, wie die Tageszeitung El Diario berichtete.

Die Wohnungsfrage ist auch in Spanien eines der drängendsten Probleme. Eine Familie findet für eine Vierzimmerwohnung in den großen Städten mit Glück Angebote zwischen 1.000 und 1.200 Euro. Bei einem seit Juni offiziellen Mindestlohn von 1.134 Euro im Monat gibt eine Familie, in der beide Eltern arbeiten, allein mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Miete aus. Hinzu kommt, dass weniger als zwei Prozent der Wohnungen in Spanien Sozialwohnungen sind.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Blitzauftritt: Der ehemalige Präsident der Generalitat hält eine...
    10.08.2024

    Zurück ins Exil

    Katalonien: Expräsident Puigdemont nach Blitzbesuch in Barcelona wieder im Ausland

Regio: