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Aus: Ausgabe vom 21.09.2024, Seite 1 / Ausland
Regierungsbildung in Frankreich

Wer verliert, regiert

Frankreichs Premier legt Kabinettsliste vor: Politische Reservebank von Wirtschaftsliberalen
Von Hansgeorg Hermann
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Für viele ist die Ernennung von Barnier als Premier einfach nur eine »Katastrophe« (Paris, 7.9.2024)

Frankreich scheint 75 Tage nach der Parlamentswahl endlich eine neue Regierung zu haben. Wie lange der von Staatschef Emmanuel Macron am 5. September ernannte Ministerpräsident Michel Barnier und sein seit Donnerstag abend vorläufig 38 Köpfe zählendes Kabinett im Amt bleiben oder gar entscheidungsfähig wird regieren können, ist allerdings nicht absehbar. In der Nationalversammlung hat Barniers Ministerriege keine absolute Mehrheit hinter sich; der Premier selbst konnte sein Amt nur mit Duldung der extremen Rechten des Rassemblement National (RN) antreten.

Offenbar sollen 16 der seit dem 15. Juli nur noch geschäftsführend verbliebenen Regierungsmitglieder ihren Posten behalten, unter ihnen Armeeminister Sébastien Lecornu. Wichtigste Personalien dürften der Wechsel des bisherigen Europaministers Jean-Noël Barrot ins Außenamt sein, sowie der Abgang des rechtslastigen Innenministers Gérald Darmanin, der durch den noch schärferen Ultrarechten Bruno Retailleau ersetzt werden soll.

Macrons absurde Staatspolitik manifestiert sich in dieser bis dato für die Republik einmaligen Konstellation: Die Verlierer der Wahl vom 7. Juli – Macrons Koalition »Ensemble«, formiert aus den wirtschaftsliberalen und rechtskonservativen Gruppen Renaissance, Horizon und Modem, sowie die bürgerlich-katholischen Les Républicains (LR) – stellen den von ihm ernannten Regierungschef und das komplette Kabinett. Die Gewinner des Nouveau Front Populaire (NFP, Neue Volksfront) hatte der Präsident kurzerhand für nicht regierungsfähig und zur Gefahr für das französische Gemeinwohl erklärt.

Offiziell war die dem Staatschef am Donnerstag abend vorgelegte Kabinettsliste auch bis jW-Redaktionsschluss am Freitag noch nicht. Die jetzt eilig zusammengestellte Liste repräsentiert nur noch die politische Reservebank von Macrons Wirtschaftsliberalen und ihren Steigbügelhaltern aus dem bürgerlich-rechten Lager. Unterdessen reiben sich Le Pens Getreue die Hände und amüsierten sich am Freitag, wie Le Pens Sprachrohr Sébastien Chenu, über Macrons leicht zu kontrollierende, »re­cycelte Republikaner«.

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