Stimmen für Frieden werden lauter
Von Rainer WerningWas tun, wenn der eine hü und der andere hott sagt? So muss man sich momentan das Agieren der philippinischen Regierung unter Präsident Ferdinand Marcos Jr. vorstellen, was die Wiederaufnahme der im November 2017 unter seinem Vorgänger Rodrigo Duterte torpedierten Friedensverhandlungen mit dem revolutionären Untergrundbündnis der Nationalen Demokratischen Front der Philippinen (NDFP) betrifft. Plädiert der Berater des Präsidenten für Frieden, Versöhnung und Einheit, Carlito Galvez Jr., für eine friedliche Lösung des seit nunmehr 55 Jahren währenden bewaffneten Konflikts, so zeigt sich Marcos’ Nationaler Sicherheitsberater Eduardo Año stur und setzt weiterhin auf ein hartes militärisches Vorgehen. Beide Protagonisten sind Exgeneräle und ehemalige Generalstabschefs der philippinischen Streitkräfte (AFP).
Indes gibt sich der Präsident, der in Personalunion auch Oberbefehlshaber der AFP ist, äußerst schmallippig. Selbst während seiner dritten Rede an die Nation am 22. Juli erwähnte Marcos den ältesten bewaffneten Konflikt dieser Art in Südostasien und Friedensverhandlungen mit keinem Wort. Und die staatlichen Einsatzkräfte haben offenbar ihre regelmäßig wiederholten Beteuerungen, sie könnten den bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln noch in diesem Jahr beenden, aufgegeben. Statt dessen wird zumindest von Galvez ein anderer Zungenschlag bevorzugt. Erst kürzlich erklärte er in Manila: »Wir müssen den Dialog mit der NDFP fortsetzen und die Bedingungen beseitigen, die unser Streben nach einem endgültigen Friedensabkommen verzögern. Ich bin sehr positiv gestimmt und zuversichtlich, dass wir mit gegenseitigem Respekt, gutem Willen und Verständnis endlich eine prinzipielle und friedliche Beendigung des bewaffneten Konflikts erreichen können.«
In diesem Zusammenhang erinnerte der Exgeneral an bilaterale, wiewohl hinter verschlossenen Türen stattgefundene Sondierungsgespräche unter der Schirmherrschaft des norwegischen Außenministeriums in Oslo. Diese haben immerhin dazu geführt, dass dort bereits am 23. November 2023 eine gemeinsame Erklärung über die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen unterzeichnet wurde. Klingt gut, wenn das denn nur einer einheitlichen Linie der Regierung entspräche. Eine solche mahnte erneut am 4. September die Vorsitzende des NDFP-Verhandlungsgremiums, Julieta de Lima, an. Die Witwe José Maria Sisons (1939–2022; Gründungsvorsitzender der Kommunistischen Partei der Philippinen, CPP, und langjähriger politischer Chefberater der NDFP) kritisierte, dass es statt ernsthafter Bemühungen zur Beseitigung der Wurzeln des bewaffneten Konflikts, »widersprüchliche Signale« von Regierungsvertretern gebe.
In die gleiche Kerbe hieb auch der erst im Juli gegründete Council of Leaders for Peace Initiatives (CLPI). Zu den Initiatoren dieses Rates engagierter Friedensbefürworter zählen unter anderen katholische Bischöfe, der nationale Direktor der Caritas Philippinen sowie landesweit prominente Juristen. Sie haben den Präsidenten aufgefordert, sich »klar und uneingeschränkt für eine friedliche Verhandlungslösung« einzusetzen und NDFP-Friedensberater freizulassen, die verhaftet wurden und in Gefängnissen sitzen.
Die bittere Seite der Geschichte: Genau heute vor 52 Jahren, am 21. September 1972, verhängte Ferdinand Marcos Sr., Vater von Marcos Jr., landesweit das Kriegsrecht über die Inseln. Und bis heute geschehen täglich außergerichtliche Tötungen, das Verschwindenlassen von Personen, Bombardierungen aus der Luft, die Vertreibung indigener Gemeinschaften und andere Menschenrechtsverletzungen sowie Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht im Rahmen staatlicher Aufstandsbekämpfung. Lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen führen all das ausnahmslos auf die unter Duterte formierte »Nationale Taskforce« zur Beendigung des lokalen kommunistischen bewaffneten Konflikts zurück und fordern deren Abschaffung.
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