Washington wittert Dreieckshandel
Von Knut MellenthinIn den USA ist die Einfuhr von angereichertem Uran aus Russland verboten. Aus China ist sie erlaubt. Die Volksrepublik produziert das als Brennstoff für Atomkraftwerke verwendete Material nicht nur selbst, sondern kauft es auch beim russischen Nachbarn. So könnten Kunden in den USA, die angereichertes Uran aus China importieren, möglicherweise das gegen Russland gerichtete Importverbot umgehen.
Die Regierung in Washington beschäftigt das, meldete die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag. Das Energieministerium beobachte und untersuche Importe aus China und weiteren Ländern »mit anderen relevanten Behörden« sorgfältig, »um sicherzugehen, dass diese nicht russisches Uran als Teil eines Plans importieren, bei dem sie einheimisch hergestelltes Material exportieren, das sie anderenfalls in ihren eigenen Reaktoren genutzt hätten«, zitierte Reuters einen Ministeriumssprecher.
Das Außenministerium der Volksrepublik wies das am Mittwoch als Anmaßung zurück. China habe sich immer gegen alle »illegalen einseitigen Sanktionen« sowie die »Rechtsprechung des langen Arms« gewandt, zitierte Reuters. Die Zusammenarbeit zwischen China und Russland sei eine »unabhängige Entscheidung, die zwei souveräne Länder aufgrund ihrer jeweiligen Entwicklungsbedürfnisse offen und ehrlich getroffen haben, ohne sich gegen irgendeine dritte Partei zu richten und ohne sich von einer dritten Partei stören oder hindern zu lassen«.
Die Lieferungen von angereichertem Uran aus China in die USA waren sprunghaft angestiegen, nachdem das Abgeordnetenhaus im Dezember 2023 ein Einfuhrverbot gegen Russland beschlossen hatte. Von 2020 bis 2022 hatte China überhaupt kein Uran in die USA exportiert.
Nachdem fünf Monate später auch der Senat zugestimmt hatte, unterzeichnete Präsident Joseph Biden am 13. Mai den »Prohibiting Russian Uranium Imports Act«. Dem Gesetz zufolge ist der Import von angereichertem Uran aus Russland nach Ablauf einer Schonfrist von 90 Tagen seit dem 12. August verboten. Das Energieministerium kann in Absprache mit State Department und Handelsministerium bis Ende 2027 in dringenden Fällen Ausnahmegenehmigungen erteilen. Bestandteil des Gesetzes ist die Freigabe von 2,72 Milliarden US-Dollar, die in Anreicherungsanlagen der USA investiert werden können.
Zur Begründung wird ausgeführt, die Einnahmen aus dem Uranexport kämen dem Staatskonzern Rosatom zugute, der auch für »Aspekte« des russischen Atomwaffenkomplexes verantwortlich sei. Durch den Import drohe eine Stärkung des russischen Atomwaffenprogramms, immerhin »fortwährend und ernste Bedrohung der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten«. Verwiesen wird zudem auf den Krieg in der Ukraine und einen Beschluss der G7-Gruppe vom Juni 2022, »die Abhängigkeit von russischen zivilnuklearen und damit verbundenen Gütern zu verringern«.
Nach Selbstauflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 bezogen die USA in großem Umfang angereichertes Uran, rund ein Viertel ihres Bedarfs, aus Russland. Die »Heritage Foundation« erklärte in einer Stellungnahme vom 13. Juni, auf Russland entfielen 46 Prozent der weltweiten Anreicherungskapazität, auf die USA nur 9,5 Prozent. Zudem könnten die USA, wo 93 kommerzielle AKWs betrieben würden, nur ein Fünftel des dafür benötigten Brennstoffs selbst herstellen: Bis zum Ende des Kalten Krieges seien sie noch weitgehend selbstversorgend gewesen. Die rechtsrepublikanische »Heritage Foundation« fordert demnach die größtmögliche Liberalisierung der Genehmigungsverfahren für neue Anreicherungsanlagen und eine forcierte Wiederbelebung des einheimischen Uranbergbaus.
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