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Aus: Ausgabe vom 21.09.2024, Seite 11 / Feuilleton
Jubiläum

Immer im Aufbruch

Der Journalistin Burga Kalinowski zum 80. Geburtstag
Von Ronald Weber
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Unsere Karla Kolumna: Burga Kalinowski

Das Verhältnis zwischen Redakteur und Autor, Autorin in diesem Falle, ist nicht immer leicht. Es gibt, man kann es nicht leugnen, Konflikte. Die Perspektive des Redakteurs ist oft eine andere als die der Autorin. Der Redakteur denkt in Formaten, besteht auf Zeichenzahlen. Der Autorin aber will oft nicht in den Kopf, wieso an dieser oder jener Stelle noch gestrichen werden sollte. Warum einen Satz umstellen, der vielleicht nicht ganz den Regeln der Grammatik entspricht, dafür aber seinen ganz eigenen sprachlichen Rhythmus besitzt?

Als ich Burga Kalinowski im Sommer 2016 kennenlernte, hatten wir schnell solcherlei Dispute. Die erfahrene Journalistin und der junge Redakteur, das erzeugt Reibung. Burga Kalinowski wusste sehr genau, was sie wollte, und sie verstand es durchaus, sich durchzusetzen. Für mich begann es mit »Drei Kartons mit Geschichte«, einer Reportage über Ferienlager für westdeutsche Kinder in der DDR und deren Behinderung durch die Justiz, die westdeutsche, versteht sich. Damals war mir nicht klar, dass Burga Kalinowski damit eigentlich schon ganz bei dem Thema war, das sie auch fortan nicht mehr loslassen sollte: die Erinnerung an die frühe und mittlere DDR, ein Land im Aufbruch. Seitdem stöberte sie so manche Geschichte auf, die der Westen nach 1990 überschrieben hat, dabei stets auch die Widersprüche im Blick: Geschichten über Theaterpolitik und die Poetenbewegung, industriellen Aufbau unter schwierigsten Bedingungen und die Verbrechen der Treuhand.

Natürlich war das auch ihre Geschichte. 1944 kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs in Radenthein in Kärnten geboren, von wo ihr Vater stammte, zog sie mit zwei Jahren mit der Familie in die Sowjetische Besatzungszone nach Osterwieck im Harz, absolvierte zu Beginn der 1960er Jahre eine Ausbildung als Bibliothekarin in Gera und wurde bald journalistisch tätig. Nach einer Zwischenstation am Theater in Rudolstadt, arbeitete sie ab 1967 bei der Jungen Welt in der Abteilung Wirtschaft. 1981 wechselte sie zum Fernsehen, für das sie Reportagen drehte: über chilenische Exilanten in der DDR, die Motive Ausreisewilliger im November 1989 oder den letzten Tag der Deutschen Demokratischen Republik, ausgestrahlt am 4. Oktober 1990, dem Tag eins im Anschlussgebiet, nunmehr »die neuen Bundesländer« genannt. Seitdem ist sie als freie Journalistin tätig.

Drei Dinge kennzeichnen Kalinowskis Arbeiten: Sie hört zu und lässt ihre Protagonisten ausführlich zu Wort kommen. Sie bildet sich ihre eigene Meinung, mit der sie nicht hinterm Berg hält. Und sie schreibt diese in ihrem ganz eigenen Idiom auf: mitunter knapp, bewusst das Lesetempo steigernd, voller Redewendungen. Für diese Zeitung schrieb sie zuletzt drei große Serien: »Unterwegs im Osten«, anlässlich des 70. Republikgeburtstages, »75 Jahre junge Welt. Ein Blick zurück« und »Unsere Leser«, in der sie regelmäßige Leserbriefschreiberinnen und -schreiber und deren Geschichten in den Fokus rückte. Die Redaktion dankt und gratuliert herzlich. Mach weiter so, liebe Burga.

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