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Aus: Ausgabe vom 24.09.2024, Seite 4 / Inland
34 Jahre nach Anschluss der DDR

Westpersonal entscheidet noch immer

Linke-Politiker kritisiert Zahlen zu Ostdeutschen in Leitungspositionen als »potemkinsche Dörfer«
Von Philip Tassev
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Der Ostbeauftragte der Bundesregierung: Carsten Schneider (SPD)

Der Leipziger Linksparteiabgeordnete Sören Pellmann übt harsche Kritik am sogenannten Ostbeauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD). In einer kürzlich veröffentlichten Mitteilung vergleicht Pellmann den Ostbeauftragten mit niemand Geringerem als dem Fürsten Potemkin. Der soll als Gouverneur von Neurussland Dorfattrappen aufgestellt haben, um der Zarin Katharina II. in den neu eroberten Gebieten blühende Landschaften vorzugaukeln, so die Legende. Schneider verhalte sich ebenso wie der russische Aristokrat, »wenn er jetzt ›erste Früchte‹ seiner Maßnahmen zur Stärkung von Ostdeutschen in Führungspositionen mit Bezug auf die Bundesverwaltung deklariert.«

Pellmann wollte von der Bundesregierung wissen, wie sich der Anteil der Führungskräfte mit ostdeutscher Herkunft in den Leitungsebenen der oberen Bundesbehörden, in den Verwaltungen der obersten Gerichtshöfe des Bundes und in der Richterschaft an den obersten Bundesgerichten verändert hat, seit die Ampelregierung im Januar 2023 Schneiders »Bundeskonzept zur Steigerung des Anteils von Ostdeutschen in Führungspositionen der Bundesverwaltung« beschlossen und sich verpflichtet hatte, die Repräsentation Ostdeutscher in der Bundesverwaltung zu verbessern.

Die Mitte September vom Ostbeauftragten vorgelegten Daten sprechen eine deutliche Sprache. Demnach sind im Jahr 2024, lässt man Berlin außer acht, von 57 beamteten Staatssekretären oder vergleichbaren Funktionsträgern in obersten Bundesbehörden gerade einmal drei ostdeutscher Herkunft, also 5,3 Prozent. 2023 waren es – bei 60 Führungskräften – fünf Prozent. Auf der Ebene darunter sieht es in diesem Jahr noch düsterer aus. Von 217 Abteilungsleitern wurden nur sechs in Ostdeutschland geboren. Das entspricht 2,8 Prozent. Ähnliche Zahlen liegen auch für die Unterabteilungs- und Referatsleitungen vor (5,1 Prozent von 527 respektive 8,7 Prozent von 2.937).

Der Anteil Vorsitzender Richter, die in Ostdeutschland geboren wurden, betrug zum Stichtag 30. Juni 2024 nur 1,9 Prozent, nach zwei Prozent im Jahr 2023 und 2,2 Prozent im Jahr 2022. Rechnet man alle Bundesrichter zusammen, sind aktuell 7,3 Prozent aus Ostdeutschland, nach 5,7 Prozent im Vorjahr und 5,1 Prozent 2022. Hier ist also tatsächlich eine leichte Steigerung zu verzeichnen.

Interessanterweise führt der Ostbeauftragte im Zusammenhang mit der Richterschaft die Kategorie der »landsmannschaftlichen Zugehörigkeit« ein – mitsamt der erklärenden Fußnote, dass Bundesrichter vor ihrer Wahl in diese Funktion meist längere Zeit »in der Justiz eines Bundeslandes tätig gewesen« sind und sich »dort bewährt und empfohlen« haben. Die »daraus abgeleitete Landsmannschaft« soll Auskunft »über die Verbundenheit einer Person zu einem Bundesland« geben. Hintergrund dürfte hier sein, dass die Justiz einer der Bereiche ist, der nach der Annexion der DDR in besonders hohem Maß von Ostdeutschen gesäubert und mit Westimporten besetzt wurde.

Für Pellmann ist die in manchen Bereichen verzeichnete Steigerung jedenfalls »Augenwischerei, vor allem in Anbetracht der großen Stellenaufwüchse in den Behörden«. In den obersten Bundesbehörden seien in den vergangenen zwei Jahren »allein 616 Stellen in verschiedenen Leitungsfunktionen« hinzugekommen. Das Fazit des Linke-Politikers: »Seit dem Anschluss der DDR und dem folgenden Elitenwechsel werden Ostdeutsche nach wie vor diskriminiert.« Eine »wirkliche Wiedervereinigung« stehe »auch in diesem Bereich« immer noch aus.

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