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Plattformen

Von Helmut Höge
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Der Kapitalismus hat schon immer, wo er hinlangen konnte, alles platt gemacht. Einer seiner Ideologen, Joseph Schumpeter, nannte das eine »schöpferische Zerstörung«. Aber mit dem Internet wird jetzt erneut die »Kacke des Seins« umgegraben. Ich habe hier bereits kürzlich den US-Präsidenten Calvin ­Coolidge (1872–1933) zitiert, der 1925 in einer Rede sagte: »The chief business of the American people is business. They are profoundly concerned with producing, buying, selling, investing and prospering in the world.« Kurz: »The business of America is the business.« Und heute heißt dieses »Geschäft«, das weltweit alle historisch entstandenen sozial-ökonomischen Strukturen zerstört: »Plattformkapitalismus«.

Zwar haben einige Leute in Berlin einen Verein gegründet, der ein »Museum des Kapitalismus« betreibt, aber das war zu voreilig. Der letzte kapitalistische Schrei, die Plattformen, ist leider noch lange nicht reif für seine Musealisierung. Das bereits 1975 gegründete »Zentrale Textilmuseum« in Łódź ging aus einem Kunstmuseum hervor und thematisiert nur die Produkte und nicht die Textilarbeiter, dabei hatten im März 1989 4.000 Textilarbeiter in Łódź noch gegen die Abwicklung ihrer Fabrik »Portex« gestreikt, und der Aufstand der schlesischen Weber 1844 wurde damals sofort von Schriftstellern, Philosophen, Journalisten und Künstlern thematisiert, etwa von Heinrich Heine mit seinem Gedicht »Die armen Weber« und Gerhart Hauptmann in dem Drama »Die Weber«.

Der »barbarische Manchester-Kapitalismus« von damals könnte aus »heutiger Perspektive« jedoch »fast ein Sehnsuchtsort sein«, schrieb das Philosophie-Magazin 2021 in einem Artikel über »Die neue Macht des Plattformkapitalismus«, in dem »Wertschöpfung mit Daten« betrieben wird, wobei »die Plattformen nicht auf Märkten operieren, sondern sich selbst als Märkte anbieten« – zum Beispiel Uber mit seinen weltweiten Taxi- und Lieferdiensten und die Plattform Amazon, über die schier alles verkauft wird, oder die sozialen Medien wie Facebook und Suchmaschinen wie die des Konzerns Google, der heute allwöchentlich eine Firma aufkauft.

Erwähnt seien außerdem die Plattformen Airbnb, die Unterkünfte sowie Ferienhäuser vermittelt, und ­Book­ing. com für Hotelvermittlungen. Die Besitzer solcher Immobilien müssen für jede Vermittlung eines Gastes zahlen. Sie schimpfen natürlich, wie auch die Buchverlage, über Amazon, weil sie so hohe Gebühren dafür zahlen müssen. Ähnlich funktioniert auch die Plattform Ebay.

Derzeit wirbt eine neue Plattform auf Berliner U-Bahn-Plakaten in englischer Sprache (!) für Klempner. Die Idee kommt über Temu aus den USA, das für Waren aus China gedacht ist. Man klickt die Plumber-Plattform an, sucht sich – etwa wegen eines verstopften Klos – einen Klempner auf einer Liste aus, und der muss dann bestimmte Prozente seines Honorars an das Unternehmen abgeben. Er muss kein Handwerker mehr sein, sondern ist einfach ein Selbstständiger (eine Ich-AG) und die Handwerkskammer kann ihn mal. Als Selbstständiger ist es schwer, einen Arbeitskampf zu führen.

Es gibt inzwischen Dutzende Bücher über den »Plattformkapitalismus«. Der finanzökonomisch argumentierende Kulturwissenschaftler Joseph Vogl führte in einem Interview über sein Buch »Kapital und Ressentiment. Eine kurze Theorie der Gegenwart« (2021) aus: »Plattformunternehmen liefern so etwas wie neue soziale Infrastrukturen. Der vorsorgende Staat soll durch fürsorgliche Unternehmen abgelöst werden. Und die Wertschöpfung wird durch die Besetzung ehemaliger Regierungsaufgaben komplettiert und gesichert.«

Bei vielen Plattformen sind US-Investmentgesellschaften beteiligt, u. a. Blackrock. Diese hat erst vor wenigen Monaten wegen des eskalierenden Ukraine-Kriegs ihre Anteile am Waffenhersteller Rheinmetall aufgestockt. Wie Joseph Vogl geht sie von einer »neuen Vorkriegszeit« aus.

Aber was tun? »Um irgendwo anzufangen, kann man ja zunächst den Empfehlungen von Digitalexperten gegen ›Infodemien‹ im Netz folgen: Friktionen erhöhen, Geschwindigkeit reduzieren, Abkühlzeiten einschieben, Pausen verlängern, Rauschen verstärken, Kreisläufe stören, Automatismen unterbrechen, Abschalten«, rät Joseph Vogl.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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