Shortlist der Wirtstiere
Gezücht aus dem Labor oder Übersprung auf dem Wildtiermarkt? Woher das Coronavirus SARS-CoV-2 letztlich kam, ist noch immer eine nicht restlos geklärte Frage. Plausibler scheint die Wildtiermarkttheorie, die jetzt Wissenschaftler der University of Arizona in einer im Fachblatt Cell veröffentlichten Studie erhärten. Das Team unter der Leitung von Michael Worobey analysierte erneut Daten von Proben, die im Januar 2020 von der chinesischen Seuchenbehörde im Huanan-Wildtiermarkt in Wuhan gesammelt worden waren. Anders als in früheren Studien untersuchten die Wissenschaftler diesmal genauer, welche Tiere in den am stärksten mit dem Coronavirus kontaminierten Marktständen präsent waren. Daraus erstellten sie eine »Shortlist« der potentiellen Überträger.
Die Analyse ergab, dass eine bestimmte Ecke im Wildtiermarkt von Wuhan besonders stark mit SARS-CoV-2 kontaminiert war: Das Coronavirus fand sich vermehrt an Käfigen und auf anderen Oberflächen eines Stands in der Südwestecke des Markts. Die starke Häufung der Virusproben in nur einer Ecke des Markts spricht nach Ansicht von Worobey und seinem Team gegen die Hypothese, nach der nicht die Tiere, sondern infizierte Menschen das Coronavirus in den Markt einschleppten und ihn zu einem Hotspot der Pandemie machten.
Diese Annahme wird gestützt durch die erste genauere Bestimmung der Wildtiere, die an dem am stärksten kontaminierten Stand und in seiner Nachbarschaft präsent waren. Wie die Forschenden ermittelten, war an diesem Stand am häufigsten die Gensignatur von Marderhunden (Nyctereutes procyonoides) und Schleichkatzen (Paguma larvata) zu finden. »Dies sind die gleichen Tierarten, die schon im Jahr 2002 den Artsprung des SARS-Virus auf den Menschen erleichtert hatten«, erklärt Worobey. Nähere Analysen ergaben zudem, dass zumindest ein Teil dieser Wildtiere aus Regionen südlich von Wuhan stammte – Gebieten, in denen sich SARS-CoV-2 entwickelt und erste Infektionen von Zwischenwirten und Menschen verursacht haben könnte.
Der Kontakt der Tiere mit vielen Menschen auf engem Raum wäre aber der Faktor, der dem Coronavirus die schnelle Ausbreitung ermöglichte. »Das ist das Riskanteste, was wir tun können: Wilde Tiere einfangen, die vor Viren nur so strotzen, und sie dann ins Herz großer Städte bringen, deren Populationsdichte es den Viren leicht macht, Fuß zu fassen«, sagt Worobey.
Für den endgültigen Nachweis dieser Wildtiere als Ursache der Pandemie fehlen allerdings direkte Blut- oder Speichelproben der Tiere von diesem Wildtierstand. Weil der Markt zum Zeitpunkt der Beprobung schon geschlossen war, konnten diese entscheidenden Belege nicht mehr sichergestellt werden. (jW)
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vom 24.09.2024