Musk legt sich mit Brasilien an
Von Norbert SuchanekDas virtuelle Duell zwischen Elon Musk und dem brasilianischen Bundesrichter Alexandre de Moraes vom Obersten Gerichtshof scheint seinem Ende entgegenzugehen. Seit 31. August ist die Kurznachrichtenplattform X des Milliardärs in Brasilien verboten, weil Musk den richterlichen Anordnungen nicht Folge leistete. Mehr als 22 Millionen Menschen haben seitdem in dem lateinamerikanischen Land keinen Zugang mehr zum Twitter-Nachfolger. Nun scheint der Plattformbetreiber aber nachzugeben und sich den wichtigsten Forderungen des Obersten Gerichtshofs zu beugen, so dass X möglicherweise schon am kommenden Wochenende wieder in Brasilien online ist.
Das Kräftemessen zwischen de Moraes und Musk begann bereits Anfang April dieses Jahres. Der Plattformbetreiber kündigte an, die vom Gerichtshof gesperrten mehr als 100 Social-Media-Konten von Anhängern des ultrarechten Expräsidenten Jair Bolsonaro, die das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen von 2022 anzweifelten, wieder freizuschalten. Der Gerichtsbeschluss zur Sperrung der Profile sei verfassungswidrig, behauptete Musk und versendete den Bundesrichter beleidigende Posts auf seiner Plattform: Dieser Richter habe die Verfassung und das Volk Brasiliens dreist und wiederholt verraten. Er solle zurücktreten oder dem Amt enthoben werden. »Schande, Alexandre, Schande.«
Daraufhin ordnete de Moraes bundespolizeiliche Ermittlungen gegen Musk an und verhängte eine Geldstrafe von rund 20.000 US-Dollar täglich für jedes von X reaktivierte Konto. Der Richter beschuldigte Musk, eine Desinformationskampagne gegen den Obersten Gerichtshof gestartet zu haben und warf dem Plattformbetreiber Behinderung der Justiz und Anstiftung zur Kriminalität vor: Handlungen, die die Souveränität Brasiliens missachteten. Generalstaatsanwalt Jorge Messias unterstützte die Entscheidung des Bundesrichters und postete auf X: »Wir können nicht in einer Gesellschaft leben, in der im Ausland ansässige Milliardäre die Kontrolle über soziale Netzwerke haben und sich in eine Position bringen, in der sie die Rechtsstaatlichkeit verletzen, Gerichtsbeschlüssen nicht nachkommen und unsere Behörden bedrohen. Sozialer Frieden ist nicht verhandelbar.«
Mitte August entschied dann de Moraes, die Finanzwerte des Unternehmens zu sperren, um die Zahlung der gegen X verhängten Geldbußen zu gewährleisten. Musk schloss daraufhin seine Vertretung in Brasilien und kündigte den Angestellten. Er begründete dies mit der Befürchtung einer Festnahme seiner X-Repräsentantin. Damit allerdings hatte die Plattform keinen Rechtsvertreter mehr im Land, was für Unternehmen gesetzliche Voraussetzung ist, um in Brasilien tätig zu sein. Der Streit eskalierte schließlich am 28. August. Der Oberste Gerichtshof drohte in seinem Profil auf X mit der sofortigen Sperrung der Plattform, falls binnen 24 Stunden kein neuer Rechtsvertreter in Brasilien ernannt werde.
Der südafrikanische Milliardär kritisierte tags darauf de Moraes in mehreren X-Posts und verglich ihn unter anderem mit Schurken aus den Filmen Harry Potter und Star Wars und bezeichnete ihn als »Tyrann« und »Diktator«. In einem der Posts teilte Musk das Bild eines de Moraes ähnelnden Mannes hinter Gittern. »Dieser ›Richter‹ hat wiederholt gegen die Gesetze verstoßen, die er zu verteidigen geschworen hat«, so der X-Besitzer, der das richterliche Ultimatum ungerührt verstreichen ließ und damit die Blockierung seiner Plattform riskierte.
Inzwischen hat sich Musk eines besseren belehren lassen und wieder eine Vertretung in Brasilien bestimmt. Die Anwältin Rachel Villa Nova Conceição, die schon zuvor für das Unternehmen arbeitete. Laut New York Times sollen auch ausstehende Geldstrafen von der Plattform gezahlt und die vom Gericht als »Demokratie bedrohend« geächteten Benutzerkonten gelöscht worden sein. Das Kräftemessen ist jedoch noch nicht ganz vorbei. Laut dem Obersten Gerichtshof habe X noch nicht alle ordnungsgemäßen Unterlagen für die staatliche Anerkennung seiner neuen brasilianischen Vertretung eingereicht. Bundesrichter de Moraes setzte der Plattform deshalb ein weiteres Ultimatum von fünf Tagen zur Vorlage der notwendigen Dokumente. Unter anderem fehle der Nachweis einer ordnungsgemäßen Anmeldung der Anwältin bei der Handelskammer des Bundesstaates São Paulo.
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