Empörungsgrund des Tages: Rote Farbe
Von Nick BraunsEine Farbattacke auf das Wohnhaus von Berlins Kultursenator Joe Chialo sorgte am Dienstag weiter für Empörung. Unbekannte hatten am Vortag die Fassade mit roter Farbe beschmiert und »Genocide Joe / Chialo« gesprüht. Der CDU-Politiker steht in der Kritik palästinasolidarischer Aktivisten, nachdem er die Förderung des Kulturzentrums »Oyoun« beenden ließ, weil dort eine Trauerfeier einer jüdischen Friedensgruppe für die Opfer des Gazakrieges stattgefunden hatte.
Die Farbaktion war am Dienstag Thema im Senat. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sieht »jede Grenze« überschritten und kündigte ein entschiedenes Vorgehen gegen diejenigen an, »die Menschen aus politischen Gründen angreifen, Angst schüren wollen oder glauben, auf unseren Berliner Straßen internationale Konflikte austragen zu müssen«. Das von Wegner gerade mit dem Verweis, ein Genozid »findet nicht statt, Punkt« verteidigte Hissen israelischer Fahnen vor städtischen Gebäuden fällt offenbar ebensowenig unter diese Aufzählung wie die Hetzjagd von Polizisten auf ein elfjähriges palästinensisches Kind bei einer Demonstration.
Auch CDU-Chef Friedrich Merz, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grüne), der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein und PEN-Berlin-Sprecher Deniz Yücel verurteilten den Farbanschlag.
Rot eingefärbt wurde am Sonntag auch im brandenburgischen Beeskow eine Hausfassade. Die Attacke mit Schweineblut galt einer Flüchtlingsunterkunft, auf deren Gelände zwei Schweineköpfe geworfen wurden. Vergleichbare Empörung wie im Falle Chialos blieb nach diesem rassistischen und muslimfeindlichen Akt aus. Und schon gar nicht sorgt das Blut palästinensischer Kinder, das die Ruinen Gazas rot färbt, für einen Aufschrei in der deutschen Politik.
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Leserbrief von Fritz Rau aus Berlin (26. September 2024 um 08:37 Uhr)Nun: Eine Schrift an der Wand wäre im Theater oder der bildenden Kunst vielleicht ein Menetekel, das was verkündet? Aber rote Farbe ist natürlich kein Blut, wenngleich es auf dieses verweisen kann. Da es keine Schrift ist, sondern ein Fleck, ist es abstrakter Expressionismus, also Kunst, also die Kunst des Kalten Krieges. Leider steht dann noch was dabei, das ist dann politische Kunst, die sich erklären muss. (Ein schöner Widerspruch.) Der Bürger geht nach getaner Arbeit nach Hause und ist danach privat. Und hat dann mit dem, was er tagsüber macht, nichts zu tun. Er ist privat unverantwortlich. (Wie auch der Vorstand der DB oder die Aktionäre von Rheinmetall. Das ist der Fortschritt, dass die Opfer still bleiben oder nur im von Oben genehmigten Rahmen bleiben.) Da ist andererseits die Furcht der Aktionäre und Gehilfen, die sich hier meldet, dass es auch ihre Hauswand erwischen könnte. Die Vasallen haben ihre Untervasallen, möchten aber gerne von den Folgen ihrer Handlung nicht eingeholt werden. Wir brauchen mehr Zäune, mehr Gated Community auch für die unteren Ränge! Das bedrohte Leben sollte doch bitte nur im Theater um Hilfe rufen. Die »Zivilisation« haben freilich nicht die Maler aufgekündigt. Diesen Text, den ich auf die entsprechende Meldung auch an »Nachtkritik.de« schickte, erschien dort nicht. So ist das mit der »Diskussion« bei uns. Viel Nacht, wenig Kritik
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Leserbrief von Dr. Kai Merkel aus Wuppertal (25. September 2024 um 10:42 Uhr)An der Berichterstattung und Reaktion der Regierung im Bezug auf Israel, zeigt sich gut die Doppelmoral der deutschen Außenpolitik. Will man Israel doch im Außen- und Kanzleramt so wenig wie möglich wegen seiner Kriegsverbrechen kritisieren und unterstützt damit wissentlich, auch mit weiteren Waffenlieferungen, einen Völkermord im Nahen Osten. Um die Bevölkerung dabei bei Stange zu halten, wird jede (natürlich grundsätzlich immer zu verurteilende!) gewaltsame Aktion gegen Juden in Deutschland durch die Medien immer dargestellt und manchmal auch erhöht. Garniert wird das dann mit ständigen Berichten über steigenden Antisemitismus, welcher natürlich gern mit Kritik an Israels Außenpolitik und Kriegsführung gleichgesetzt wird. So wird dem Leser suggeriert, dass das Handeln des Staates Israels in Gaza irgendwie gerechtfertigt sein muss. »Schau doch mal wie die Leute hier bei uns ständig angegriffen werden« usw. Werden im Gegensatz Palästinenser durch die Staatsgewalt schikaniert, welche (natürlich) ihren Protest gegen die Kriegsverbrechen ausdrücken, soll das keinen interessieren. Die versucht man stattdessen gern in die Nähe von Terroristen zu setzen. Das muss diese grün-ideologische »regelbasierte« Ordnung sein, welche Baerbock uns jetzt anstatt des Völkerrechts verkaufen will. Die Regeln sind klar: Bis du auf der Seite des »Wertewestens«, der »richtigen« Seite, dann kannst du machen, was du willst.
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vom 25.09.2024