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Aus: Ausgabe vom 25.09.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Aufruf von Sozialdemokraten für die Friedensdemonstration am 3. Oktober

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So weit gehen friedensbewegte Sozialdemokraten doch nicht: Linkes Transparent auf einer Demonstration zum 3. Oktober 2023 in Berlin

Eine Reihe von SPD-Mitgliedern, darunter die Bundestagsabgeordneten Ralf Stegner und Axel Schäfer, Bundestagspräsident a. D. Wolfgang Thierse und der Bundesvorsitzende der Naturfreunde Michael Müller, rufen zur Teilnahme an der Friedensdemonstration am 3. Oktober in Berlin auf:

(…) Krieg ist eine furchtbare und grausame Folge politischen Versagens, die viele unschuldige Opfer trifft – immer! Die Behauptung, es gebe »saubere« Kriege, die »nur« militärische Ziele angreifen, ist immer unwahr. Verletzung und Tod, Vergewaltigungen und Kindesentführungen, Vertreibung und Zerstörung, Angst, Kälte und Traumatisierung, Kriegsverbrechen, militärische und zivile, alte und junge Opfer – das ist die Realität des Krieges – immer! Am Ende profitieren von Kriegen nur die, die Kriegswaffen verkaufen. Das gilt erst recht bei jahrelangen »Stellungs- und Erschöpfungskriegen«, bei denen es nicht gelingt, ein Kriegsende herbeizuführen. Der Frieden ist bei Marktschreiern und Populisten, Kriegstreibern und den Anhängern des Primates der militärischen Logik in denkbar schlechten Händen. Wir dürfen den Frieden und die Friedensbewegung deshalb nicht den Extremisten überlassen und auch nicht den Populisten, die sich gleichzeitig links und rechts geben. Am Ende führen uns alle Extremisten aufs Schlachtfeld.

Die SPD ist seit ihrer Gründung vor 161 Jahren – bei allen historischen Irrungen und Wirrungen –immer eine Friedenspartei gewesen, die Diktatur und Krieg die Stirn geboten, Demokratie und Freiheit verteidigt, für internationale Gerechtigkeit und Solidarität gekämpft hat. Die Friedensbewegung war immer Sammlungsbewegung mit unterschiedlichen Akteuren wie zum Beispiel Gewerkschaften; sie war nie eine parteiliche Bewegung. Bei allen Unterschieden war es immer ein ehrenhaftes Unterfangen, für den Frieden auf die Straße zu gehen. Die SPD war immer Teil der Friedensbewegung – das muss auch so bleiben! Ja, wir müssen an der Spitze der Friedensbewegung stehen, denn »Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.«¹ (…)

In Unterscheidung zu anderen Demonstrationsaufrufen erklären wir:

(…) Wir verurteilen den kriegerischen Überfall Russlands auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 und den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, der seit über zwei Jahren unermessliches Leid, Tod, Zerstörung und Vertreibung angerichtet und auch ein ökologisches Desaster verursacht hat. (…)

Die Ukraine muss sich gegen diesen Überfall verteidigen, verteidigen können und dürfen! Dafür braucht und erhält sie internationale Unterstützung auch von Deutschland: Humanitär, ökonomisch, auch militärisch. Deutsche Luftabwehrtechnik schützt Wohngebiete, Kindergärten und Schulen, Krankenhäuser und Energieversorgung gegen russische Drohnen und Raketen und rettet mehr Leben als irgendeine andere Hilfe.

Gleichzeitig braucht es jetzt noch mehr intensive internationale diplomatische Anstrengungen, um die Chance für ein baldiges Ende des Krieges absehbar erreichen zu können, was die prioritäre militärische Logik (Putin militärisch an den Verhandlungstisch zu zwingen) offenkundig bislang nicht bewirkt hat. Dabei müssen auch Staaten einbezogen werden, deren Einfluss für solche diplomatischen Bemühungen genutzt werden kann. (…)

¹) Redaktionelle Anmerkung. Der Ausspruch »Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts« stammt aus einer Rede Willy Brandts aus dem Jahr 1981. Zehn Jahre zuvor, 1971, erhielt Brandt den Friedensnobelpreis. Auf den Internetseiten der SPD-Bundespartei ist vermerkt: »Das Komitee begründete die Entscheidung mit seiner Ostpolitik, die ›im Geiste des guten Willens einen hervorragenden Einsatz geleistet (habe), um Voraussetzungen für den Frieden in Europa zu schaffen‹«. Auf Brandts Zitat stützt sich ebenfalls ein Appell an Delegierte des Linke-Parteitags zur Verteidigung friedenspolitischer Grundsätze, siehe »Abgeschrieben« vom 18. September. (jW)

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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