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Aus: Ausgabe vom 25.09.2024, Seite 15 / Antifaschismus
Venezuela

Maduros »Weltkongress«

Venezuela: Regierungspartei veranstaltet Antifaschismuskongress. Kritik von Kommunistischer Partei
Von Thorben Austen
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Anhänger des Präsidenten bei einer Kundgebung für das Gesetz gegen Faschismus und Neofaschismus in Caracas (22.8.2024)

Zu einem »Weltkongress gegen Faschismus und Neofaschismus« hatte für den 10. und 11. September die in Venezuela regierende Vereinigte Sozialistische Partei (PSUV) in die Hauptstadt Caracas eingeladen. Gekommen waren rund 1.200 Teilnehmer, darunter Delegierte von sozialen Bewegungen und Parteien aus 95 Ländern, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Die venezolanische Vizepräsidentin Delcy Rodríguez rief bei der Eröffnung des Kongresses zur Gründung einer »internationalen antifaschistischen Bewegung« auf. »Wir müssen uns vereinen (…), um zu kämpfen und nicht zuzulassen, dass der Faschismus seine Tentakel auf diesem Planeten ausbreitet, denn er ist die größte Bedrohung, die die Menschheit heute hat«, sagte die Politikerin, die gleichzeitig Erdölministerin ist. Sie erinnerte an die Erfahrungen, die die Völker Lateinamerikas mit »Staatsstreichen, Attentatsversuchen, imperialen Invasionen, Kriegen und Wirtschaftsblockaden« gemacht haben.

»In der venezolanischen Hauptstadt fanden einige Tage lang Debatten statt, in denen versucht wurde, die verschiedenen Ausdrucksformen des Faschismus, die wir heute sehen, sowie seine Auswirkungen im globalisierten internationalen Kontext zu analysieren und zu bekämpfen«, hieß es in Mundo Obrero, der Zeitung der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE).

In einem Jugendforum diskutierten Meyvis Estévez vom Kommunistischen Jugendverband UJC aus Kuba und die Generalsekretärin des JPSUV, Grecia Colmenares. Die JPSUV ist der Jugendverband des PSUV. Estévez und Colmenares betonten in dem Gespräch, dass sich die Jugend der Welt zusammenschließen müsse, »um den imperialistischen Eliten entgegenzutreten, die die sozialistischen Revolutionen beenden wollen«.

Als Höhepunkt des Kongresses galt die Rede von Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro. Dieser ging unter anderem auf den offiziellen Titel des Kongresses ein: »Gegen Faschismus, Neofaschismus und ähnliche Erscheinungen«. Derzeit stehe man nicht nur dem Faschismus gegenüber, wie man »ihn in anderen historischen Momenten« kannte, sagte der 61jährige. Über soziale Netzwerke würden die Menschen ständig mit Falschinformationen, Putschaufrufen, Rechtfertigungen für Kriege oder Völkermorde bombardiert, oftmals »getarnt mit vermeintlichen Aufrufen zur Demokratie«.

Maduro hatte den Kongress am 19. August angekündigt. Der drittgrößte spanische Radiosender Onda Cero berichtete, »die Ankündigung eines ›Weltkongresses‹ erfolgte zwei Tage, nachdem der Präsident das vom Chavismus kontrollierte Parlament gebeten hat, ›sehr schnell‹ ein Gesetz gegen den Faschismus zu verabschieden«. Der Inhalt dieses Gesetzes würde den »bürgerlichen und demokratischen Raum untergraben«, zitierte der Sender, an dem der Bertelsmann-Konzern zu fast 20 Prozent beteiligt ist, den Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk.

Tatsächlich arbeitet das Parlament in Venezuela derzeit an einer Regelung, deren Titel »Gesetz gegen den Faschismus, Neofaschismus und ähnliche Erscheinungen« nahezu identisch mit dem Kongressmotto ist. Der Gesetzentwurf wurde am 2. April erstmals ins Parlament eingebracht und im August zuletzt behandelt. In Artikel vier von insgesamt 30 wird der Faschismus definiert als »ideologische Position basierend auf Gründen der rassischen Überlegenheit, ethnischer, sozialer oder nationaler Herkunft, die Gewalt als Methode voraussetzt.« Als »gemeinsame Merkmale« dieser Position werden »Rassismus, Chauvinismus, Klassismus, moralischer Konservatismus, Neoliberalismus, Frauenfeindlichkeit und alle möglichen Arten der Phobie« benannt.

Artikel elf fordert unter der Überschrift »Verbot faschistischer Botschaften«, dass Radio, Fernsehen und Zeitungen »frei von allen Botschaften faschistischer, neofaschistischer und ähnlicher Natur sind«.

Maduros PSUV ist bekanntlich bemüht, Proteste in Venezuela als ausschließlich von den USA und »ultrarechten Sektoren in Europa und Lateinamerika« gesteuert darzustellen. Allerdings sind mittlerweile auch ehemalige Verbündete auf Distanz zur Regierung gegangen. Zu den bekanntesten linken Kritikern gehört die Kommunistische Partei Venezuelas (PCV). Deren Vorsitzender Óscar Figuera bezeichnete den Gesetzentwurf in einem Interview bereits im April als Gefahr für diejenigen, die »für die Rechte der Werktätigen auf dem Land und in der Stadt« kämpfen und als Maßnahme einer »zutiefst autoritären Regierung«.

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