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Aus: Ausgabe vom 26.09.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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»Nur ein schwacher Ersatz«

Zu jW vom 21./22.9.: »›Eine ähnliche Debattenkultur gibt es heute nicht‹«

Der Verlust ist groß mit dem, was mit der DDR hier unterging (ich spüre ihn immer deutlicher mit nunmehr 52 Lebensjahren). Theorie und Praxis standen in einem produktiven Wechselverhältnis, zu Ulbrichts Zeiten in den 60ern noch mehr als später. Der Apparat dazu war vergleichsweise hochentwickelt und bildungstechnisch abgesichert. Die 80er Jahre waren aufgrund der Polykrisen (Überschuldung, Energie, Aufrüstung, zu wenig Investitionen) schwierig, und alle Lösungsansätze scheiterten. Aber die Entwicklungstendenzen sind sehr viel spannender, als das heute scheint. Die südosteuropäischen Länder haben noch viel größere Defizite (politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich) seit der Epochenwende 1989 entwickelt. Dort ist der Nationalismus nur ein schwacher Ersatz für die sozialistische Epoche wie auch für die imperiale Epoche bis 1914. Das gilt für Russland ebenso wie für alle Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Mit ihr und dem europäischen und Weltsozialismus ist viel mehr als nur der real existierende Sozialismus »verschwunden«. Es machen sich Stagnation und Geistlosigkeit breit, Stadt- und übergreifende Raumplanung finden nicht mehr statt. Integrierte Systeme (technisch wie gesellschaftlich) sind weder denkbar noch möglich, obwohl das die originäre Aufgabe der EU wäre. Ästhetik spielt überhaupt keine Rolle mehr. Eine Flucht in den Romantizismus ist bemerkbar. Die westliche liberale Moderne hat nichts zu bieten, außer hyperindividuellem Schwachsinn, ohne jede Perspektive und ohne Willen und Wollen für eine nachhaltige, lebenswerte Gegenwart und Zukunft; ihr Menschenbild ist zutiefst defizitär. Alternativen sind dringend notwendig. Eine Titanenaufgabe mit unglaublicher Anstrengung und Arbeit. Die heutige »Linke« ist dazu m. E. nicht in der Lage. China scheint diese Probleme besser zu bewältigen. Dort scheint es eine fruchtbare Verbindung von Theorie und Praxis zu geben; Trial-and-Error ist auch nicht die schlechteste Variante. Ich habe mich sehr über diesen Text gefreut!

André Möller, Berlin

Alles, was bleibt …

Zu jW vom 24.9.: »Das 58-Euro-Ticket kommt«

Was für ein Reinfall. Mit den 58 Euro ist man jetzt wieder kurz vor dem Preis der alten, lokalen Monatstickets. Die Möglichkeit, in Regionalbahnen quer durch das Land fahren zu können, was Ewigkeiten dauert, bleibt als einziger Vorteil dieses »58-Euro-Tickets«. Die ewigen Verspätungen und der oft schreckliche Zustand der »Holzklasse« werden in Kombination mit den ständigen Preiserhöhungen schon dazu führen, dass wieder mehr auf das Auto umsteigen. Diese ÖPNV-Preiserhöhungen passen ja bestens zur Politik der »Fortschrittskoalition«, welche jetzt Luxus-E-Dienstwagen bis 100.000 Euro steuerlich subventionieren will und auf die Autobahnen setzt. Es scheint egal zu sein, wer in Deutschland regiert. Dass der ÖPNV jedes Jahr schlechter und teurer wird, daran ändert sich wohl nichts mehr. So bereitet man langsam den Abverkauf vor. Warum verlieren die Grünen noch mal Stimmen? Weil sie es nicht geschafft haben, ihre dreckige Politik der Bevölkerung »besser zu erklären« … schon klar.

Kai Merkel, Wuppertal

Jedes Los ein Gewinn

Zu jW vom 24.9.: »Eingebildete Kontrolle«

Die Verlosungsstrategie gefällt mir; nicht nur würde die Bandbreite der Forschungsprojekte vergrößert, es würde potentiellen Antragstellern auch viel Zeit ersparen, wenn sie ihre Projekte erst gar nicht zu Papier bringen müssten und diese Zeit ihrer Forschung und ihren Mitarbeitern widmen könnten – vielleicht sogar selbst an ihrem Projekt arbeiten könnten. Nicht zu reden von der Begutachtungsbürokratie und der Zeit, die Wissenschaftler selbst noch für die Bewertung der Anträge ihrer Kollegen aufbringen müssen.

Armin Merckelbach, per E-Mail

Individualmobilität

Zu jW vom 23.9.: »Krisengipfel bei Habeck«

Diese Diskussionen bestätigen erneut, dass diese Regierung am Ende ist. Mal abgesehen davon, dass die Klimaziele konsequent nur zu erreichen sind, wenn man über den Sinn oder besser den Unsinn der individuellen Mobilität nachdenkt. Und dass auch solche selbsternannten Klimaorganisationen wie »Greenpeace« oder die sogenannten Grünen ebenfalls an der Individualmobilität festhalten, macht deutlich, wie demagogisch die ganze Klimadiskussion hierzulande abläuft. Denn eines ist doch wohl klar: Die Verbrenner gegen E-Pkw auszutauschen, löst das Umweltproblem und die gestauten Autobahnen und Innenstädte bestenfalls temporär. Und Kauf- oder sonstige Prämien retten deutsche Arbeitsplätze auch nicht, weil sich dann ausländische Autoproduzenten die Hände reiben, die längst bei Innovation und Preisbildung die schlafmützige deutsche Automobilindustrie hinter sich gelassen haben.

Rainer Erich Kral, Potsdam

Arbeit und Frieden

Zu jW vom 17.9.: »Die spinnen, die Bosse«

Wenn die Situation für den Stahlstandort Deutschland besser werden soll, wenn die Kolleginnen und Kollegen der IG Metall erfolgreich kämpfen wollen – ich denke, das wollen sie –, dann geht das nur erfolgreich, wenn der Kampf um die Arbeitsplätze sich mit dem Kampf um den Frieden vereint. Ohne das Ende von Boykotten, Sanktionen und Kriegspolitik ist die (weitere) Deindustrialisierung programmiert. Energiewende, grüner Wasserstoff – ohne Flankierung durch »billiges« Erdgas und ohne Beendigung von Krieg und Hochrüstung – sind unbezahlbar. Metaller, kommt zahlreich am 3. Oktober zur bundesweiten Friedensdemo nach Berlin und macht eure Position klar.

Stephan Krüger, Neumarkt in der Oberpfalz

Dass der ÖPNV jedes Jahr schlechter und teurer wird, daran ändert sich wohl nichts mehr. So bereitet man langsam den Abverkauf vor.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!