Die Sorge um den Standort Deutschland
Von Susanne KnütterDie Warnungen rund um den »Autogipfel« am Montag waren weitgehend eindeutig und einhellig. »Wir erleben keine Krise der Automobilindustrie, wir erleben eine Krise des Standortes Deutschland«, erklärte der Verband der Automobilindustrie (VDA). Die Zukunft der Autoindustrie sei »die Schicksalsfrage für den Industriestandort Deutschland«, erklärte die IG Metall. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) resümierte nach dem Treffen mit Spitzenvertretern aus der Branche und der Gewerkschaft: Die Botschaft sei eindeutig gewesen. »Wir brauchen vor allem klare, verlässliche Signale für den Markt.«
Wie die aussehen sollten, hat die IG Metall in einem Elfpunkteplan formuliert. Darunter ein neues Förderpaket für die Elektromobilität – und zwar schnell. Neben einer Sonderabschreibung für gewerbliche genutzte E- Autos solle die Bundesregierung auch den privaten Kauf von Elektroautos und »Plug-in-Hybriden« wieder fördern, ein soziales Leasingprogramm auflegen und eine »Gebrauchtwagenprämie« prüfen. Dabei sollten »nur Fahrzeuge gefördert werden, die einen relevanten europäischen Wertschöpfungsanteil haben«. Außerdem sollte die Bundesregierung im Bereich der Ladeinfrastruktur und der Förderung von Ladestrom nachlegen und die regionalen »Transformationsnetzwerke« in den Jahren 2026 bis 2028 weiterfördern.
Vor dem Hintergrund der bereits stattfindenden Umverteilung öffentlicher Gelder hin zu Militär und Rüstung stellt sich die Frage, wie die umfassenden Forderungen nach staatlicher Unterstützung finanziert werden sollen. Die IG Metall hat dahingehend klare Vorstellungen: Die Schuldenbremse müsse »reformiert und perspektivisch abgeschafft« werden, erklärte ein Sprecher gegenüber jW. Eine weitere Möglichkeit sei ein »Sondervermögen für die Transformation«. Der Einkommenssteuertarif müsse »deutlich fairer ausgerichtet« werden, »mit höherem Grundfreibetrag und Spitzensteuersatz für tatsächliche Spitzenverdiener«. Arbeits- und Kapitaleinkommen müssten »wieder mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz besteuert werden«. Eine Vermögensteuer würde ein Plus von rund 28 Milliarden Euro jährlich ermöglichen.
Nun zeichnet sich allerdings ab, dass die Ausgaben für Rüstung einerseits weiter steigen, Vermögende andererseits nicht stärker belastet werden sollen. So möchte die Bundesregierung das »Zweiprozentziel« der NATO zum Beispiel gern dauerhaft erfüllen. Das Geld dafür wird sich der Staat aus dem Haushalt für Arbeit und Soziales nehmen. Die IG Metall lehnt das offiziell ab. In der Praxis aber ist nicht wahrnehmbar, dass die Gewerkschaft das thematisieren würde. Auf Nachfrage hieß es: »Maßgeblich für den Verteidigungshaushalt ist die Frage, was zur Erfüllung der Aufgaben in der Landes- und Bündnisverteidigung erforderlich ist.« Daran müsse sich der Etat für Rüstung und Verteidigung orientieren, »nicht an einem willkürlichen, an konjunkturelle Entwicklungen gekoppelten ›Zweiprozentziel‹«, erklärte die IG Metall. »Dabei halten wir an unserem Grundsatz fest, dass Rüstungsausgaben nicht gegen die Finanzierung wichtiger sozialpolitischer Vorhaben und notwendiger öffentlicher Investitionen zur Umsetzung der sozial-ökologischen Transformation ausgespielt werden dürfen.« Diese Grundpositionen kommuniziere die IG Metall »auch gegenüber Vertretern der Politik«. Das dürfte nicht allzu schwer sein. Denn was zur »Erfüllung der Aufgaben in der Landes- und Bündnisverteidigung« erforderlich ist, wird dort festgelegt.
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