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Aus: Ausgabe vom 28.09.2024, Seite 7 / Ausland
UN-Generaldebatte

Lateinamerika muckt auf

Laute Kritik progressiver Staats- und Regierungsspitzen bei UN-Generaldebatte
Von Volker Hermsdorf
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Gabriel Boric kritisiert in der UN-Generaldebatte das US-Veto im Sicherheitsrat zu Palästina (New York, 24.9.2024)

Mehrere lateinamerikanische Staats- und Regierungschefs haben in den vergangenen Tagen im Rahmen der UN-Generalversammlung in New York für eine neue Weltordnung plädiert. Sie prangerten die wachsende Bedrohung von Ländern der Region durch einseitige willkürliche Sanktionen, Putschversuche, zunehmende soziale Ungleichheit, bewaffnete Konflikte und andere Gefahren an, denen viele Menschen durch Migration zu entkommen versuchten.

Chiles sozialdemokratischer Präsident Gabriel Boric kritisierte, dass einzelne Länder Resolutionen des Sicherheitsrates blockieren können. »Die Vereinten Nationen wurden nach dem Modell einer Welt geschaffen, die es so nicht mehr gibt, denn 2024 ist nicht 1945. Wir haben in verschiedenen Fällen gesehen, wie ein Land aufgrund eines geopolitischen Konflikts eine Resolution blockiert, wie zum Beispiel kürzlich im Fall von Palästina durch das Veto der USA. Diese Länder sollten kein Vetorecht haben, und der Sicherheitsrat repräsentiert nicht die Welt, wie sie heute ist«, sagte Boric. Venezuelas Außenminister Yván Gil argumentierte ähnlich. »Die Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit ist die Hauptaufgabe des Sicherheitsrates, aber diese Aufgabe muss auf der Grundlage der Ziele und Grundsätze der UN-Charta erfüllt werden«, betonte er und forderte, »die Anwendung dieser Prinzipien ohne Doppelmoral«.

»Die rechtswidrige Anwendung einseitiger Zwangsmaßnahmen gegen ganze Völker durch die USA und die Europäische Union stellt einen eklatanten Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen und gegen alle Normen des Völkerrechts dar«, so der Außenminister. Dies seien Menschenrechtsverletzungen und ein Verbrechen gegen die Menschheit. Gil wiederholte die Forderung nach einer sofortigen Aufhebung aller Sanktionen und Blockaden, die sich gegen mehr als ein Drittel der Menschheit, darunter 30 Millionen Venezolaner, richteten. »Die Monroe-Doktrin lauert weiterhin«, warnte er und verwies auf »den Mut des kubanischen Volkes, das sich seit mehr als 60 Jahren einer Blockade widersetzt«.

Die honduranische Präsidentin Xiomara Castro prangerte an, dass Washington ein entsprechendes Votum der Weltgemeinschaft seit Jahren missachtet. »Diese Versammlung hat mit überwältigender Mehrheit die Blockade gegen das kubanische Volk, die 1960 begann, abgelehnt«, erklärte sie. Weiter forderte sie, Kuba von der Liste der Staaten zu streichen, denen die US-Regierung vorwirft, den Terrorismus zu fördern. Auch Boliviens Außenministerin Celinda Sosa, kritisierte »Sanktionen gegen Länder wie Kuba, Venezuela und Nicaragua«, weil diese »einseitigen Zwangsmaßnahmen grundlegende Menschenrechte verletzen und die Entwicklung der Völker behindern«.

Kolumbiens Staatschef Gustavo Petro verband die Ablehnung von Sanktionen mit einer Kritik am westlichen Wirtschaftssystem und der Ideologie des freien Marktes. Dieser repräsentiere keine Freiheit, sondern eine »Maximierung des Todes«. Zur Begründung sagte er, dass dieses System es erlaube, Bomben auf Frauen, Alte und Kinder in Gaza, im Libanon oder im Sudan abzuwerfen, oder wirtschaftliche Blockaden gegen Länder wie Kuba und Venezuela zu verhängen, weil sie sich nicht der globalen Vorherrschaft beugten. Er verwies auf die wachsende soziale Ungleichheit in der Welt und kritisierte, dass das reichste Prozent der Menschheit mehr Reichtum besitze als 95 Prozent der Weltbevölkerung zusammengenommen.

In dieser Ungleichheit finde sich die Erklärung sowohl für die Klimakrise als auch für die durch die Bombardierungen in Gaza ausgelöste Gewalt. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, werde von diesem privilegierten einen Prozent als Held angesehen. Während die Vertreter progressiver Regierungen soziale Ungleichheit und die Folgen von Sanktionen auch als Hauptursachen für die zunehmenden Migrationsströme in der Region sehen, machte Panamas rechter Staatschef José Raúl Mulino vor allem die »institutionelle Krise in Venezuela« dafür verantwortlich.

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