Schlimmer geht immer
Von Pierre Deason-TomoryWir werden uns in dieser Ausgabe der Radiokolumne nicht darüber aufregen, dass die Ministerpräsidenten dabei sind, 20 Sender abzuschalten, damit das die AfD später nicht selbst tun muss. Wir werden uns ein anderes Mal darüber aufregen, es wird dann noch rechtzeitig genug zwecklos sein. Wenden wir uns heute etwas Unwichtigem zu, dem 3. Oktober. Am Einheitsheitertag 1992 haben wir auf Jugendradio DT 64 eine zu Unrecht vergessene Inszenierung aufgeführt. Wir ließen innerhalb von drei Sendestunden live Tausende von Neonazis den Teutoburger Wald erstürmen, die BRD wurde aufgelöst, König Kurt von Sachsen gründete mit dem Restosten die Gemeinschaft Unabhängiger Bundesländer (G.U.B.L.) und Kanzler Kohl musste natürlich mit einer V2 auf den Mond geschossen werden. Diese Groteske wirkt im Vergleich zur Wirklichkeit 2024 nur leicht übertrieben: Neonazis erstürmen die Parlamente, der Osten wählt die BRD-Parteien nicht mehr, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann Kanzler Scholz in die Wüste geschickt wird. Aber das ist nicht das Ende der Geschichte. Was dem folgt, wird noch schlimmer, versprochen!
Gehen wir, während die gespaltene Republik Einheitsschnulli macht, ins Kopfkino der Kulturwellen. Sie wollen uns am Donnerstag folgende Hörfilme zeigen: 15.05 Uhr, Bayern 2: »Unter uns« von Dana von Suffrin; alles superkompliziert Anfang der 70er Jahre im Münchner Café Willkür (BR 2024, Ursendung). 18.05 Uhr, NDR Kultur: »Masse Mensch«, nach Ernst Tollers Revolutionsdrama von 1919 (NDR 2019). 18.30 Uhr, DLF Kultur: »Robert, ich, Fastnacht und die anderen«, Hörfassung des Romans »Vor den Vätern sterben die Söhne« von Thomas Brasch (NDR, RIAS Berlin, SDR 1977). 20.03 Uhr, WDR 5: »Eine blassblaue Frauenschrift« von Franz Werfel, gelesen von Michael Müller.
Sonst in dieser Woche im Radio: Wir haben Stadtstreicher im Winter vor 50 Jahren auf »Herbergssuche«, begleitet von Percy Adlon (BR 1974, Di., 22.03 Uhr, DLF Kultur). Der gesirte Simon Rattle ist im Mai mit dem Mahler Chamber Orchestra aufgetreten, es gab Mozarts »Sinfonien Nr. 39, Nr. 40 und Nr. 41«, und der Meister dirigierte aus dem Kopf, von den Musikern umkreist und »mit ausdrucksvollen Gesten«. Na ja, sieht man im Radio nicht. (Fr., 20.03 Uhr, WDR 3). Eine erste ausführliche Bilanz der künstlichen Ignoranz haben Mathias Grefrath und Tom Schimmeck vorgelegt: »Maschinensturm – KI und wir«, erste Folge eines Fünfteilers (WDR 2024, Sa., 13.30 Uhr, So., 18.30 Uhr, WDR 5). Martina Groß war im zerfallenden Los Angeles und kam mit einem Feature zurück, »L. A. Dreams – Eine Metropole repariert sich selbst«. Oder auch nicht. (DLF Kultur, Sa., 18.05 Uhr, DLF Kultur, So., 20.05 Uhr, DLF) Die Schweizer Kollegen speisen am Samstag abend »Das Missverständnis« von Albert Camus ins Netz ein (SRF 2012, 20 Uhr, SRF 2 Kultur).
Am Sonntag bringen drei Sender unabhängig voneinander jeweils ein Stück zum Thema Alter. Zuerst etwas Praktisches: »Oma verbuddeln«, ein Kinderhörspiel von Birgit Schössow (WDR 2024, 7.04 Uhr, WDR 5). Dann wirds eher brutal: »Natürlich haben wir einen Pflegenotstand!«, klagt Harald Friedel in seinem Film »24 Stunden« an; er hat das Elend der geschätzt 62.000 Altenpflegerinnen aus Osteuropa bebildert, die in Österreich ausgebeutet werden, und die unhaltbare Situation für die Alten (9.05 Uhr, Ö 1). Schließlich: Ulrich Lampens Inszenierung des Dramas »Der Vater« von Florian Zeller. Die Titelrolle spricht Peter Fricke (HR 2019, So., 14.04 Uhr, HR 2 Kultur).
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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