KP Rußlands bläst zur Offensive
Die KP Rußlands (KPRF), deren Parlamentsfraktion montatelang ein Mißtrauensvotum gegen das Tschernomyrdin-Kabinett blockiert hatte, um Schlimmeres zu vermeiden, hat in einer Erklärung des Präsidiums nun doch ihre Bereitschaft kundgetan, die Regierung mit der Vertrauensfrage zu konfrontieren. Es sei allerdings nicht damit getan, einige Personen auszutauschen, heißt es in der Erklärung weiter. Vielmehr gehe es darum, den gegenwärtigen Kurs radikal zu verändern. Dazu seien nicht nur parlamentarische Initiativen erforderlich, sondern die Entfaltung von Massenaktionen »innerhalb der Betriebsbelegschaften, auf den Straßen und Plätzen«.
Bereits im Gang ist eine von der KPRF initiierte Unterschriftensammlung, die den »Bürgerprotest« dokumentieren soll. Gefordert werden die sofortige Auszahlung der Lohn- und Rentenschulden, die Rückgabe der Ersparnisse, die Wiederherstellung des Rechts auf Arbeit und einen gesicherten Lebensabend, kostenlose Bildung und medizinische Versorgung sowie angemessenes Wohnen.
Die neu erwachte Kampfbereitschaft der KP-Spitze ergibt sich aus heftigen Aktivitäten der neoliberalen Gegenseite, die Ergebnisse der unsozialen Transformation unumkehrbar zu machen. »Die hinter der sogenannten Jungreformern« stehende besonders aggressive Gruppierung des Kompradorenkapitals will die ungeteilte Macht«, heißt es in der Erklärung. »Sie will die Umverteilung des Eigentums zu ihren Gunsten beenden und die volle Kontrolle über Wirtschaft, Finanzen und Massenmedien herstellen«.
Als Hauptangriffsziel der rechten Offensive benennt das KP-Präsidium »die Staatsduma als Interessensvertreterin der Bevölkerungsmehrheit«. Zu diesem Zweck solle die Volksvertretung diskreditiert werden, um sie dann aufzulösen und im rechtsfreien Raum eine verfassungswidrige Änderung des Wahlgesetzes durchzupeitschen. »Um die Aufmerksamkeit von diesem schleichenden Umsturz abzulenken, versucht das Regime, die Duma in die Realisierung der Haushaltsreduzierung und anderer destruktiver Pläne einzubeziehen und das Parlament als Blitzableiter des Volksprotestes zu mißbrauchen.«
Mit einem landesweiten Proteststreik am 11. Juni soll dem Regime Flagge gezeigt werden. Die »Werktätigen in Stadt und Land« werden von der KP-Führung aufgefordert, Streikkomitees und Selbstverwaltungsräte zu bilden.
jW
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