Kanzlers Basta verpufft
Von Sebastian EdingerAb November sollen chinesische E-Autos in der EU mit Importzöllen von bis zu 35 Prozent künstlich verteuert werden. Die Preisaufschläge werden auf die schon bestehende Einfuhrabgabe in Höhe von zehn Prozent draufgeschlagen. So hatte es die Kommission vorgeschlagen, so haben es die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten am Freitag beschlossen.
Zwar hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Streitigkeiten innerhalb der Bundesregierung zuvor mit einem Machtwort beendet und dafür gesorgt, dass Deutschland mit Nein stimmt. Genutzt hat der Gebrauch der Richtlinienkompetenz nichts, das erforderliche Quorum für eine Ablehnung des Kommissionsvorschlags kam nicht zustande. Zwar gab es angesichts von zwölf Enthaltungen bei zehn Ja- und fünf Neinstimmen auch keine Zustimmung, doch im Ergebnis ist Brüssel nun befugt, die Zölle im Alleingang einzuführen.
Scholz hatte bei seiner Ablehnung deutsche Wirtschaftsinteressen im Blick und plädierte für weitere Handelsgespräche mit Beijing. Schließlich ist China der wichtigste Handelspartner der BRD. Die EU-Zölle treffen einerseits auch deutsche Hersteller, die im Rahmen von Joint Ventures in der Volksrepublik produzieren. Zum anderen ist mit Gegenreaktionen zu rechnen, und Beijing sitzt bei einer Verschärfung des Handelskriegs angesichts der starken Abhängigkeit der deutschen Industrie von Zulieferungen aus der Volksrepublik sowie dem dortigen Absatzmarkt am längeren Hebel.
Anders als im Kanzleramt ist im Bundeswirtschaftsministerium die Freude über die Entscheidung auf EU-Ebene groß. »China versteht klare Sprache und Ansagen sehr gut. Schwäche weiß es zu nutzen«, erklärte Ressortleiter Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) dem Handelsblatt, wie man es anpacken muss. Auch im Außenministerium von Ministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) wird die Verschärfung protektionistischer Maßnahmen gegen China begrüßt: Man dürfe »nicht zulassen, dass Beijing weiter mit unfairen und marktschädigenden Methoden arbeitet«, hieß es.
Aus Deutschland werden überwiegend Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor nach China exportiert, die Nachfrage ist weiterhin groß. Drei Viertel der exportierten Autos gingen zuletzt in die Volksrepublik. Doch den Verbrennern droht nach aktueller Beschlusslage ab 2035 in der EU das Aus, und bei der E-Mobilität sind deutsche Hersteller international nicht wettbewerbsfähig. Mit 2,9 Millionen abgesetzten E-Autos im Jahr ist der chinesische Anbieter BYD Weltmarktführer – gefolgt vom US-Konkurrenten Tesla, der zuletzt 1,8 Millionen Fahrzeuge verkaufte. Der Marktanteil chinesischer Elektrofahrzeuge in der EU ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen, in Deutschland liegt er bereits bei 40,9 Prozent aller E-Autos. Nun sollen neue Zölle her, um einheimischen Anbietern mehr Marktanteile zu verschaffen.
Deutliche Kritik an dem Vorhaben der EU kam am Freitag auch von der IG Metall. »Mit Blick auf die Zukunftsperspektiven für Hunderttausende Beschäftigte bei den deutschen Automobilherstellern und deren Zulieferern sagen wir unmissverständlich: Die Zölle sind der falsche Ansatz, denn sie verbessern nicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie«, hieß es in einer Erklärung. Statt »Anti-China-Zöllen« brauche es »ein CO2-orientiertes Handels- und Förderregime, das die Entwicklung regional-lokaler Wertschöpfungsketten voranbringt«.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (4. Oktober 2024 um 22:17 Uhr)Die IGM kann zur Wettbewerbsfähigkeit deutscher Automobilhersteller beitragen: Lohnsenkung! Tarife auf Höhe der Löhne der befristet Beschäftigten, Problem gelöst (für die Hersteller).
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