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Aus: Ausgabe vom 05.10.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Krieg in Nahost

Zivilisten im Visier

Kriegsverbrechen als Kalkül: Die »Dahiya-Doktrin« der israelischen Armee
Von Jakob Reimann
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Die israelische Luftwaffe hat begonnen, auch den Süden Beiruts in eine Trümmerwüste zu verwandeln (1.10.2024)

Nachdem am Abend des 27. Septembers acht israelische Kampfjets ihre 2.000-Pfund-Bomben auf den dichtbesiedelten Beiruter Vorort Dahiya abgeworfen hatten, um den langjährigen Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah zu liquidieren, und dabei Dutzende Menschen töteten, Hunderte verletzten, galten die zivilen Toten und die zerstörten Häuser gemeinhin als bedauerliche »Kollateralschäden«. Eine in Folge des israelischen Krieges gegen den Libanon 2006 formulierte Militärdoktrin lässt Vorsatz vermuten.

Die »Dahiya-Doktrin« – benannt nach den schiitisch geprägten Vororten Beiruts, die 2006 massiv bombardiert wurden – zielt im Kern auf die vorsätzliche Zerstörung von ziviler Infrastruktur in urbanen Gebieten ab, in denen feindliche Gruppen wie Hisbollah über Rückhalt in der Bevölkerung verfügen. Die Doktrin fordert den Einsatz von Gewalt zur Zerstörung von Infrastruktur. Eine derartige Abschreckung zielt darauf ab, die Unterstützung für solche Gruppen zu schwächen. Israel sollte »wirtschaftliche Interessen und die Zentren der zivilen Macht, die die Organisation unterstützen, ins Visier nehmen«, beschreibt der israelische Oberst und Militärstratege Gabi Siboni die Philosophie. Die Logik bestehe darin, die Zivilbevölkerung so stark zu schädigen, dass sie sich gegen die Kämpfer wendet und den Feind zwingt, um Frieden zu bitten.

Die Doktrin wurde von Gadi Eizenkot entwickelt, dem ehemaligen Generalstabschef der IDF, der bis zu seinem Rücktritt 2019 der höchste Militär im Land war. »Was 2006 im Dahiya-Viertel von Beirut geschah, wird in jedem Dorf passieren, von dem aus Israel beschossen wird«, so Eizenkot im Jahr 2008. »Wir werden unverhältnismäßige Gewalt gegen es (das Dorf) anwenden und dort großen Schaden und Zerstörung anrichten. Aus unserer Sicht handelt es sich nicht um zivile Dörfer, sondern um Militärbasen«, so Eizenkots Aufruf an israelische Soldaten, Kriegsverbrechen zu begehen. »Dies ist keine Empfehlung. Dies ist ein Plan. Und er ist genehmigt worden.« Nach der Zerstörung Dahiyas 2006 fand die Doktrin Anwendung in den Kriegen gegen die Zivilbevölkerung in Gaza 2008 und 2014 sowie insbesondere im seit einem Jahr laufenden genozidalen Krieg gegen die 2,3 Millionen Menschen in der abgeriegelten Küstenenklave. Nach der Eskalation des Krieges gegen den Libanon im September droht nun auch Dahiye und weiteren Orten im Süden des Landes die Auslöschung, wie sie in Gaza erfolgt ist.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz P. aus Wien, Lokales Diem25 Kollektiv (6. Oktober 2024 um 06:09 Uhr)
    Ich nehme an diesem Wochenende gerade an der Palästina-Konferenz in Wien teil, die stattfindet, ohne irgendeinen Polizeieinsatz bisher. Dieser Beitrag über General Eizenkut und seine Doktrin ist immens wichtig! Danke jW dafür! Er zeigt, dass wie Jeffrey Sachs jüngst in seinem Beitrag für die links-demokratische Onlineplatform in der USA, Commondreams, ausführte, dass die Welt, die zivilisierte Welt, diese geplante und umgesetzte rasche und systematische Auslöschung ganzer Landstriche, diesem Riesenverbrechen an der Menschheit vor allen Augen der Welt, ein Ende bereiten muss. (…)

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