Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 05.10.2024, Seite 5 / Inland
öffentliche Haushalte defizitär

Sparen ohne Ende

Defizit in allen öffentlichen Haushalten. Berlin verordnet Ausgabensperre. Chef des Ifo-Instituts mahnt zu Zurückhaltung bei Tarifforderungen
Von Gudrun Giese
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Beschäftigte der Charité Facility Management (CFM) im Arbeitskampf (August 2020)

Die öffentlichen Kassen sind defizitär. Die enormen Ausgaben der zurückliegenden Jahre für Coronaleistungen, Energiesubventionen und Aufrüstung bei gleichzeitig rückläufigen Steuereinnahmen hinterlassen Spuren, wie eine Meldung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) vom Freitag belegt.

Danach standen im ersten Halbjahr 2024 im »Öffentlichen Gesamthaushalt« Einnahmen von 924,6 Milliarden Euro Ausgaben von 992,9 Milliarden Euro gegenüber. Unter dem Strich wiesen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen ein Minus von 68,4 Milliarden Euro auf. Alle Ebenen des Öffentlichen Gesamthaushaltes hätten defizitär das Halbjahr abgeschlossen, so Destatis, aber der Bund habe mit einem Minus von 35,5 Milliarden Euro den größten Anteil am Gesamtdefizit, das allerdings niedriger lag als im Vorjahreszeitraum, als das Defizit 64,2 Milliarden ausgemacht hat. Die Bundesländer trugen mit 7,1 Milliarden zum Negativsaldo bei, die Kommunen mit 17,3 Milliarden und die Sozialversicherungen mit 8,5 Milliarden Euro.

Was diese enormen Finanzlücken konkret bedeuten, lässt sich am Beispiel des Stadtstaates Berlin illustrieren: Finanzsenator Stefan Evers (CDU) verfügte am Montag in einem Rundschreiben an alle Senatsverwaltungen eine Haushaltssperre. Sie dürfen für 2025 bis auf weiteres keine festen Mittelzusagen mehr machen. Damit soll das bereits errechnete Defizit in Höhe von drei Milliarden Euro für das kommende Jahr nicht noch größer werden. Im Herbst wolle sich die CDU-SPD-Koalition in Berlin auf Einsparungen für das Haushaltsjahr 2025 einigen, berichtete der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) am Dienstag. Es solle so schnell wie möglich Klarheit geschaffen werden, hieß es aus dem Senat, damit vor allem für Zuwendungsempfänger und soziale Träger bald Planungssicherheit für das kommende Jahr bestehe. Was die Sparzwänge für die anstehenden Tarifrunden bei landeseigenen Betrieben oder die Beschäftigten der Charité-Servicegesellschaft CFM bedeuten, wurde vom Senat nicht weiter ausgeführt. Doch drei Milliarden Euro weniger Geld dürften an kaum einem Bereich spurlos vorbeigehen.

Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus hatte kritisiert, dass nach monatelangen internen Beratungen der regierenden Koalition immer noch kein Sparplan vorliegt. Absehbar ist jedenfalls, dass auch 2026 und 2027 gekürzt werden wird. »Wir müssen die Staatsausgaben nach der Ausgabenexplosion in den vergangenen fünf Jahren auf ein normales, nachhaltiges Niveau zurückführen«, zitierte der RBB eine Sprecherin der Senatsfinanzverwaltung. Die aktuelle Haushaltssperre sei nötig gewesen, um »in dieser Situation keine falschen Erwartungen beispielsweise bei Zuwendungs- und Zuschussempfängern für das kommende Jahr« zu wecken. Mit der Sperre werde so ein »Vertrauensschaden« vermieden, der »durch spätere Widerrufe oder Rücknahmen aufgrund von Konsolidierungsentscheidungen für die Ressortbudgets 2025« sonst entstehen könne. Nach einem Bericht des Tagesspiegel sollen in den Folgejahren alle Etatposten, bei denen das möglich sei, auf dem gekürzten Niveau von 2025 eingefroren werden.

In die düstere Lage für alle öffentlichen Haushalte, über die Destatis informierte, passte auch eine Forderung von Clemens Fuest, Chef des Münchener Ifo-Instituts, in der laufenden Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie Zurückhaltung zu üben. »Aktuell schwächelt die deutsche Wirtschaft«, sagte er laut dpa. Die Metallindustrie bilde dabei keine Ausnahme. »Hohe Lohnzuwächse, die deutlich über einen Inflationsausgleich hinausgehen, gibt die aktuelle Wirtschaftsentwicklung nicht her.« Die von der IG Metall geforderten sieben Prozent mehr Entgelt seien zu viel. Ein hoher Abschluss könne der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland schaden, meinte Fuest. Das müsse verhindert werden. Dass deutlich steigende Löhne und Gehälter die Binnennachfrage erhöhten, bezweifelte der neoliberale Ökonom. Zusätzliches Geld werde nicht ausgegeben, »da in wirtschaftlich unsicheren Zeiten die Menschen das Plus eher auf die hohe Kante legen«.

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