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Aus: Ausgabe vom 05.10.2024, Seite 6 / Ausland
Krieg und Klima

Düstere Momentaufnahme

Das Militär und Kriege wie im Nahen Osten tragen erheblich zur Verschärfung der Klimakrise bei
Von Georges Hallermayer
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Der Tag wird zur Nacht bei dem israelischen Bombenangriff auf den Grenzort Khiam im Libanon (23.8.2024)

Im kommenden Monat findet in Aserbaidschans Hauptstadt Baku der nächste jährliche Weltklimagipfel COP 29 statt, um Bilanz zu ziehen und neue Maßnahmen gegen die Erderwärmung zu beschließen. Doch die Verschmutzung der Atmosphäre durch das Militär bleibt weiterhin aus der Diskussion ausgeschlossen, seit die USA dies im Kyoto-Protokoll 1997 erfolgreich verhindert hatten.

Unter den ersten, die sich des Themas wissenschaftlich annahmen, waren der Brite Stuart Parkinson, Direktor der »Scientists for Global Responsibility« und Gutachter für den UN-Klimaausschuss IPCC, und Neta Crawford von der Universität Oxford. Keine einzelne Organisation, sagt Crawford, stößt so viele Treibhausgase pro Jahr aus wie das US-Militär – mehr als Länder wie Peru oder die Schweiz. Denn ein »B-52«-Bomber verbraucht pro Stunde soviel Treibstoff wie ein durchschnittlicher Autofahrer in sieben Jahren. Pro Stunde! Und die USA besitzen etwa 80 der Langstreckenbomber, wie die Zeit 2022 die Ergebnisse wiedergab.

Eine der ersten Studien, die direkte und indirekte Emissionen als Folgen des imperialistischen Kriegs »gegen den Terror« aufdeckte, wurde von Benjamin Neimark, Oliver Belcher, Kirsti Ashworth und Reuben Larbi durchgeführt und 2022 im Fachmagazin Nature veröffentlicht. Die Autoren untersuchten auch den Einsatz von Betonwänden durch die US-Streitkräfte in Bagdad in den ersten fünf Jahren von George Bushs 2003 gestarteter »Operation Iraqi Freedom«, um den CO2-Fußabdruck des Krieges zu messen. »Aus ökologischer Sicht gibt es keine ›grüne‹ Militärtechnologie«, sagen sie. Die Hunderte von Meilen umfassende »Militarisierung von Beton hat einen außerordentlichen Kohlenstofffußabdruck«.

Aufbauend auf dem Artikel in Nature, untersuchten Neimark und Larbi zusammen mit Patrick Bigger und Frederick Otu-Larbi in einer neuen Studie auch den »immensen Effekt der Emissionen des US-unterstützten israelischen Genozids auf die Klimakrise«. Ihre Recherche, eine »multitemporale Momentaufnahme«, bezieht sich nur auf die ersten beiden Monate des Kriegs und erbrachte erschreckende Ergebnisse: »Die den Planeten erwärmenden Emissionen überstiegen den jährlichen Kohlendioxidfußabdruck von mehr als 20 der am stärksten vom Klima bedrohten Länder der Welt.« Konkret: 99 Prozent der berechneten 281.000 Tonnen Kohlendioxid resultieren in etwa je zur Hälfte aus der Bombardierung Gazas durch Israel (121.000 Tonnen) und zur anderen Hälfte aus den US-Frachtflügen mit Militärgütern für Israels Armee (133.650 Tonnen). Bombenabwürfe waren mit 6.689 Tonnen und die israelische Artillerie mit 13.600 Tonnen beteiligt, während die Hamas-Raketen 713 Tonnen CO2 in die Luft bliesen. Für die militärische Infrastruktur, den Tunnelbau der Hamas und den israelischen »Iron Wall« wurden zusammen 450.000 Tonnen CO2 berechnet, während für den Wiederaufbau von Gazas zerstörten Gebäuden 30 Millionen Tonnen Klimagase geschätzt werden – soviel, wie Neuseeland in einem Jahr in die Atmosphäre emittiert. Diese den Autoren zufolge noch zu erweiternden Untersuchungen beziehen sich nur auf die ersten beiden Monate – welch Horror, wenn man bedenkt, dass dieser Krieg noch anhält.

Gerade der vorläufige Charakter dieser Berechnungen verdeutlicht, wie dringend die UN-Klimarahmenkonvention zu ergänzen ist – durch eine obligatorische militärische Emissionsberichterstattung sowohl für Kriegs- als auch für Friedenszeiten. Doch im November in Baku stehen die Militäremissionen vorerst nicht auf der Agenda. Aber dieser wissenschaftliche »Schnappschuss« mahnt auch, wie vordringlich ein Waffenstillstand in der Ukraine und im Nahen Osten ist, nicht nur um der direkt vom Krieg Betroffenen willen, sondern auch hier und überall, denn die freigesetzten Schadstoffe wirken sich global aus. Was dem Klima am meisten hilft, sind Frieden – und Abrüstung auf dem Weg dahin. Auch hier in Deutschland. Die sozialen Bewegungen fürs Klima und für Frieden zusammen könnten dafür sorgen, dass mit jedem Schritt der Abrüstung weniger Schadstoffe in die Atmosphäre geblasen würden.

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