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Aus: Ausgabe vom 05.10.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Alstom-Werk in Görlitz

Panzer statt Waggons

Alstom schließt Werk in Görlitz. Rüstungskonzern KNDS hat Berichten zufolge Interesse an den Hallen der Waggonfabrik
Von Susanne Knütter
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175 Jahre Waggonbau in Görlitz sollen 2026 ein Ende haben

Seit 175 Jahren werden in Görlitz Bahnwaggons hergestellt. Im März 2026 soll damit Schluss sein. Der französische Zugbauer Alstom will das Werk in Ostsachsen mit derzeit rund 700 Beschäftigten schließen. Als Grund nannte das Unternehmen am Mittwoch abend eine strategische Verlagerung von Rohbauarbeiten nach Osteuropa. Der Schritt sei Teil einer Spezialisierung der deutschen Standorte. Betroffen sind darüber hinaus Hennigsdorf, Kassel und Mannheim.

Seit langem kritisieren IG Metall und Gesamtbetriebsrat die »Alstom-Strategie, massiv in den sogenannten Best Cost Countries zu investieren, um dort produzieren zu lassen«. Aus Sicht von Gewerkschaft und Betriebsrat führe das zu »deutlich mehr Verzögerungen und Qualitätsmängeln im Vergleich zu anderen Branchengrößen«, wie die IG Metall Ende September erklärte. »Diese Defizite haben die Beschäftigten in den deutschen Werken auszugleichen, teils mit erheblichem Mehraufwand und einem entsprechenden negativen Ergebnis hierzulande.«

Mit Blick auf das Werk in Görlitz hieß es am Mittwoch, dass »fortgeschrittene vertrauliche Gespräche mit einem industriellen Partner über ein mögliches Engagement am Standort« liefen. Ziel sei, insbesondere für die Industriearbeitsplätze eine nachhaltige Perspektive zu schaffen. Wie die aussehen könnte, wusste MDR zu berichten. Demnach interessiert sich der deutsch-französische Rüstungskonzern KNDS für das Görlitzer Alstom-Werk.

KNDS ging aus dem Zusammenschluss von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter hervor, zwei der führenden europäischen Hersteller militärischer Landsysteme. Heute hat KNDS seinen Sitz in Amsterdam. Der Konzern wies 2023 nach eigenen Angaben einen Umsatz von 3,3 Milliarden Euro sowie Auftragseingänge von 7,8 Milliarden Euro aus. Nach MDR-Informationen ist KNDS auf der Suche nach Produktionsstätten für seinen Radschützenpanzer »Boxer«. Die Hallen des Alstom-Produktionsstandortes in Görlitz seien für den Konzern interessant.

Zu den Kunden von KNDS gehört die Bundeswehr, die demnächst die Beschaffung von bis zu 150 der Radschützenpanzer beschließen will. In der Ukraine hat KNDS bereits eine Tochterfirma eröffnet, die die ukrainische Industrie befähigen soll, Wartungsarbeiten an Panzern, Haubitzen und Lkw-Artillerie selbst durchzuführen.

In Görlitz werden bislang unter anderem Doppelstockwagen für Israel produziert. Die Hoffnung, dass der Auftrag erweitert wird, hat sich jedoch nicht realisiert. Die IG Metall kritisierte bereits in der Vergangenheit, dass Alstom Investitionen zusage, sich aber nicht daran halte. Aus dem Grund hatte die Gewerkschaft Ende Mai den eigentlich bis 2026 laufenden Zukunftstarifvertrag, durch den der Konzern das Urlaubsgeld der Beschäftigten im Gegenzug für Investitionen in die Zukunft einbehalten darf, gekündigt. Der Tarifvertrag betraf die Konzernstandorte Hennigsdorf, Görlitz, Bautzen, Siegen und Kassel.

Auch im brandenburgischen Hennigsdorf sollen in Zukunft keine neuen Fahrzeuge mehr gebaut werden, wie aus den Alstom-Plänen nun hervorgeht. Laufende Projekte sollen in die Werke Bautzen und Salzgitter verlagert werden. Hennigsdorf soll statt dessen »zum Schlüsselstandort für die zentralen Wachstumsbereiche Digitalisierung und Service ausgebaut werden«. Das Servicegeschäft, das heißt z. B. Reparatur und Wartung, von den Standorten Görlitz, Mannheim und Kassel soll dort gebündelt werden. Das Arbeitsvolumen in Hennigsdorf solle aber nicht sinken.

In Mannheim hingegen soll ein Werksgebäude verkauft werden. In einer Mitteilung der Stadtverwaltung Mannheim von Mittwoch abend heißt es: »Dadurch sind im Produktionsbereich des Standorts rund 100 bis 140 Arbeitsplätze akut gefährdet.« Aktuell arbeiten rund 750 Beschäftigte im gesamten Werk. Der Betriebsrat hat Widerstand angekündigt. Alstom will sich in Mannheim nach eigenen Angaben auf die Wachstumsbereiche Digitalisierung und Entwicklung konzentrieren. Die Entwicklungsarbeiten und das Projektmanagement für alternative Antriebstechnik sollen nach Frankreich verlagert werden. Kassel soll den Plänen zufolge zunächst Produktionsstandort bleiben.

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