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Aus: Ausgabe vom 05.10.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Heimat DDR

Zu jW vom 25.9.: »›Wir ziehen die DDR unter dem Lügenberg hervor‹«

Herzlichen Dank für dieses Interview und speziell an Ringo Ehlert! Ich war bei Gründung der DDR bereits 20 Jahre alt, hatte am 13. Februar 1945 die Bombardierung meiner Heimatstadt Dresden knapp überlebt, war kurz danach »vor den Russen« nach Schleswig-Holstein geflüchtet, jedoch bereits im August in die »Ostzone« zurückgekehrt. Was sich als glücklichste Entscheidung meines Lebens erwies. Denn in der DDR besaß unsere später kinderreiche Familie eine wahre Heimat. Meine Empörung über die seit ihrer Gründung anhaltende, nach der feindlichen Übernahme aber maßlos ausufernde Hetze gegen die DDR veranlasste mich bereits vor Jahrzehnten, die Initiative zur Gründung der unabhängigen Autorengemeinschaft »Spurensicherung – So habe ich das erlebt« zu ergreifen. Unsere beim GNN-Verlag Schkeuditz veröffentlichten drei Bände mit Hunderten Zeitzeugenberichten wurden später digitalisiert und sind auf ­spurensicherung.org kostenlos nachlesbar.

Ursula Münch, per E-Mail

Frische Farbe

Zu jW vom 30.9.: »Wohnen neuen Typs«

Die wirtschaftlichen Möglichkeiten der DDR für die Lösung der Wohnungsfrage als soziales Problem waren in all den Jahren ihrer Existenz begrenzt. Dass der heute hohnlachende Westen kräftig dabei mitmischte, dass das immer so blieb, darf durchaus erwähnt werden. Die Kraft hätte nicht gereicht, die Lösung der Wohnungsfrage vorwiegend durch Bauen und Sanieren in den Innenstädten zu lösen. Deshalb vor allem gab es die Konzentration der Kräfte des Wohnungsbaus auf die weitaus kostengünstigere »grüne Wiese«. Dort konnte man mit demselben Aufwand deutlich mehr der dringend benötigten Wohnungen fertigstellen. Dass die DDR-Führung die dadurch in den Innenstädten entstehenden Probleme nicht erkennen konnte, ist eine Mär. Was wahr ist: Sie konnte sie nicht gleichzeitig mit dem Wohnungsneubau lösen, obwohl auch in diesen Jahren nicht wenig Geld für Instandsetzung und Instandhaltung ausgegeben wurde. Allein im später so oft gescholtenen Stadtbezirk Berlin-Prenzlauer Berg wurden damals Jahr für Jahr über 1.000 Wohnungen grundsaniert. Nach der Wende brauchte man dann dort oft nur noch frische Farben auf die Fassaden aufzubringen, schon war die Wirkung des Wirtschaftswunders West perfekt. Dass die Existenz eines auf mehrere Jahrzehnte angelegten Wohnungsbauprogramms ein Ausdruck für die Krise einer Gesellschaft sein soll: Auf solch eine verquere Einschätzung muss man dagegen erst einmal kommen.

Joachim Seider, Berlin

Geisterschiffe

Zu jW vom 26.9.: »NATO-Aufklärer des Tages: WDR, NDR & SZ«

In den Jahren 1982/83 war ich wehrpflichtiger Marinesoldat bei der Bundeswehr. Es geisterte auch während der Zeit mal wieder eines der russischen Geister-U-Boote in einem schwedischen Fjord herum. Jene U-Boote, die schon damals den Job hatten, die Russophobie der Schweden auf NATO-Niveau zu bringen. Mein Kapitänleutnant grinste dazu: Die einzigen, die mit kleinen und leisen, beinahe unsichtbaren U-Booten in der Ostsee sind, sind wir. Die einzigen, die unbemerkt und unbeschadet in einen schwedischen schmalen Fjord kommen, sind wir. »Die Russen« in der Ostsee fahren keine Seemeile, von der wir nichts wissen. Soviel dazu, wer so alles in der Ostsee gut aufpasst. Schätze einfach mal, die Russen tun das auch. Und sie haben allen Grund dazu.

Stephan Krüger, Neumarkt in der Oberpfalz

Schnell reagiert

Zu jW vom 27.9.: »Bern beschließt neue ­Asylhürden«

Der Artikel beleuchtet treffend die Stimmungsmache vom bürgerlichen bis rechten nationalistischen Lager in der Schweiz. Schön wäre allerdings gewesen, wenigstens auch den Ad-hoc-Widerstand dagegen zu erwähnen. Dieser blieb nicht ganz erfolglos. Die nachfolgende Meldung der sozialdemokratischen SP:

»Selten war die Entrüstung nach einem Parlamentsentscheid größer: Innert 24 Stunden haben über 120.000 Menschen unseren Asylappell an den Ständerat unterzeichnet. Und dieser Druck hat gewirkt! Der Ständerat hat vor einigen Minuten entschieden, Kriegsflüchtlingen das Recht auf Familienzusammenführung vorerst doch nicht zu nehmen. Alle Politbeobachter*innen und Medienschaffende gingen davon aus, dass sich dieser Entscheid nicht mehr abwenden lässt. Die rechten Politiker*innen im Nationalrat zeigten sich siegessicher. Doch gemeinsam konnten wir einen derart gewaltigen Druck erzeugen, dass es den Ständerat dazu bewogen hat, den Vorstoß an die zuständige Kommission zurückzuweisen. Ganz vom Tisch ist der SVP-Vorschlag damit leider noch nicht. Wir werden in den nächsten Monaten deshalb ganz nah am Thema dranbleiben und dich sofort informieren, falls der Ständerat die Familienzusammenführung für Kriegsflüchtlinge doch noch verbieten will. Für heute überwiegt die Erleichterung und die Dankbarkeit darüber, dass so viele Menschen für die Rechte von Flüchtlingen einstehen. Ein riesiges Dankeschön aus tiefstem Herzen.«

Als einer der Unterzeichnenden ist mir wichtig den Protest international bekannt zu machen. Für die BRD wünschte ich mir solcher Art Ad-hoc-Widerstand gegen die menschenfeindliche Abschiebeallianz von der Nazipartei, BSW, CDU, FDP, Grünen und Teilen der SPD. Diese Parteien betreiben ein schändliches Spiel auf dem Rücken der Schwächsten im Lande.

Alexander Kauz, Waldkirch

Es geisterte auch 1982/83 eines der russischen Geister-U-Boote in einem schwedischen Fjord herum. (…) Mein Kapitänleutnant grinste dazu: Die einzigen, die mit kleinen und leisen, beinahe unsichtbaren U-Booten in der Ostsee sind, sind wir.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!