Jetzt bist du dran!
Gegründet 1947 Montag, 7. Oktober 2024, Nr. 233
Die junge Welt wird von 2939 GenossInnen herausgegeben
Jetzt bist du dran! Jetzt bist du dran!
Jetzt bist du dran!
Aus: Ausgabe vom 07.10.2024, Seite 1 / Titel
DDR 75

»Die DDR hat niemals Krieg geführt«

Kein Märchen: Vor 75 Jahren gegründet, bestand östlich der Elbe 40 Jahre lang ein deutscher Friedensstaat, der sich an einer anderen Gesellschaftsordnung versucht hat. Das soll in Abrede gestellt werden
Von Daniel Bratanovic
01_online.jpg
Großdemonstration zum 1. Mai in Berlin, Hauptstadt der DDR

Es war eine wohl vergebliche Bitte. Als Egon Krenz am Sonnabend im Berliner Kino Babylon zur Frage »75 Jahre DDR. Was bleibt?« referierte (ein Auszug seiner Rede findet sich auf Seite drei), räumte er ein, den Arbeiter- und Bauernstaat möglicherweise zu idealisieren. Was er aber von Wissenschaftlern, Politikern und Medienschaffenden der Bundesrepublik erwarte, das sei »ein objektives und geschichtlich gerechtes Urteil über die DDR«. Sein Plädoyer dürfte bei den Angesprochenen ungehört verhallen, auch wenn oder gerade weil sie seine Rede zur Kenntnis genommen haben sollten.

Daniel Friedrich Sturm, Leiter des Hauptstadtbüros des Berliner Tagesspiegels, wähnte sich jedenfalls in einer »Märchenstunde mit Egon Krenz« und wollte vom ehemaligen SED-Generalsekretär und Staatsratsvorsitzenden der DDR ein Lob auf Stalin gehört haben. Leute wie Sturm scheinen desinteressiert an dem, was seine eigene Zeitung immerhin zum Motto erhoben hat: Die Ursachen der Dinge erkennen.

Was waren die Gründe dafür, dass die Deutsche Demokratische Republik vor nun genau 75 Jahren in die Weltgeschichte eintrat? Was waren die Leistungen und auch Verfehlungen des anfangs antifaschistisch-demokratischen, später sozialistischen Staates? Aus den Erinnerungen Hunderttausender Bürger östlich der Elbe ließe sich etliches benennen, was aber immer noch nicht Teil des öffentlichen Gedächtnisses sein darf. Der einstweilen gescheiterte Versuch, eine andere Eigentumsordnung zu etablieren, eine andere Produktionsweise jenseits von Profit und Ausbeutung, soll in der kapitalistischen Bundesrepu­blik der Verdammnis anheimfallen.

Und noch etwas steht quer zur Politik des übriggebliebenen deutschen Staates: »Die DDR hat niemals Krieg geführt. Sie war der deutsche Friedensstaat«, wie Krenz in seiner Rede unterstrich. Angesichts einer seit 1949 nicht erlebten Aufrüstung und Kriegsrhetorik in diesem Land ist es nötig, an diese unverrückbare Tatsache zu erinnern.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!