Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 07.10.2024, Seite 7 / Ausland
Kongress in Wien

Kein Maulkorb für Palästina

Wien: Kongress mit internationalen Gästen und Hunderten Teilnehmern erfolgreich zu Ende gebracht
Von Dieter Reinisch, Wien
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Palästinasolidarische Demonstration am 1. Juni in Wien

Anders als in Deutschland, wo der Palästina-Kongress im April von der Polizei gestürmt, aufgelöst und schließlich verboten wurde, konnte eine ähnliche Veranstaltung am Wochenende in der österreichischen Hauptstadt Wien durchgeführt werden. An beiden Tagen versammelten sich jeweils fast 300 Teilnehmer und hörten eine Vielzahl von internationalen Gästen und Aktivisten aus Deutschland und Österreich. Angereist waren Iris Hefets von der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden, der ehemalige ANC-Abgeordnete und Antiapartheidsaktivist Andrew Feinstein sowie die ehemalige arabische Knesset-Abgeordnete, Hanin Soabi.

Ganz ohne Probleme lief die Organisation dennoch nicht: In den Wochen zuvor setzte eine Medienkampagne ein, die von der konservativen Regierungspartei ÖVP nahestehenden Tageszeitungen vorangetrieben wurde. Besonders das Oberösterreichische Volksblatt hetzte in mehreren Artikeln gegen den Kongress – die Regionalzeitung ist im Besitz der ÖVP. Einen Tag vor dem Kongress kam die Hiobsbotschaft, die befürchtet worden war: Eine Lokalität, die seit dem Frühsommer gemietet war, wurde nach politischem Druck auf den Pächter gekündigt. Die Organisatoren hatten aber vorgesorgt und zwei Ausweichorte für die Abhaltung gesichert. Am Samstag vormittag versammelten sich laut Veranstaltern 270 Teilnehmer im migrantischen Arbeiterbezirk Favoriten zur Eröffnung des Kongresses.

Andreas Wimmer, ehemaliges KPÖ-Mitglied, der fast drei Dutzend seiner Familienangehörigen im Holocaust verlor, eröffnete den Kongress mit einer Schweigeminute »für alle seit dem 7. Oktober Gestorbenen«. Danach drückten die Redner im ersten Panel ihre deutliche Solidarität mit der Bevölkerung im Libanon und in Palästina, aber vor allem auch mit dem Widerstand in der Region aus. Moderiert von Shadi Abu Daher, aus Gaza stammender Arzt und Vorsitzender der Palästinensischen Ärzte- und Apothekervereinigung, übergab dieser das Wort an den palästinensischen Botschafter, Salah Abdel Shafi, der sich am 3. Oktober mittels Videobotschaft auch an die Antikriegsdemonstration in Berlin gewandt hatte.

Der palästinensische Akademiker und Autor eines Bestsellers über die Hamas, Azzam Tamimi, betonte in seiner Rede die Bedeutung des 7. Oktober: »Damit begann ein neues Kapitel im Widerstand Palästinas«, führte er aus. Der Widerstand würde bereits einhundert Jahre andauern, doch seit dem letzten Jahr hätte sich seine Wahrnehmung gewandelt. Für Tamimi war der 7. Oktober 2023 ein »Wendepunkt im palästinensischen Kampf«. Die frühere israelische Abgeordnete Soabi pflichtete ihm bei, betonte aber, dass der Kampf für Befreiung im Nahen Osten nur ein Teil eines globalen Kampfes für Gerechtigkeit, gegen Rüstungsausgaben und Kapitalismus sei: »Es ist ein Kampf für die Befreiung der Menschheit, und besonders würde dies auch Frieden für die Menschen in Europa bedeuten.«

Aus Deutschland waren ebenso Redner angereist, die über ihren Aktivismus und die damit einhergehende Repression berichteten, etwa Ahmad Othman vom Komitee gegen das Verbot der Palästina-Solidarität Duisburg, oder Vertreterinnen der »Freedom Flotilla« aus Frankfurt. Die in Berlin lehrende Akademikerin Stavit Sinai berichtete vom Kampf gegen den israelischen Rüstungskonzern Elbit Systems in Großbritannien. Die Israelin wurde Anfang des Jahres wegen einer Aktion gegen eine Waffenfabrik im Mai 2022 zu sechs Monaten Bewährungsstrafe verurteilt.

Der griechische Politiker Yanis Varoufakis, der in Deutschland im Vorfeld des Kongresses Einreiseverbot erhalten hatte, wagte den Versuch dieses Mal nicht und schaltete sich per Livestream zu. Eine ebenfalls geplante Onlinediskussion mit dem Arzt Ghassan Abu Sitta musste abgesagt werden, da er derzeit die medizinische Versorgung im Libanon unterstützt.

Für die Mitorganisatorin Dalia Sarig von der jüdischen Gruppe »Not In Our Name« war das Wochenende »ein riesiger Erfolg«, wie sie jW erklärte. Dies sah auch KPÖ-Mitglied Ernst Wolrab so, der die Eingangssicherheit koordinierte: »Ich frag mich, wann mal die Polizei vorbeischaut?« Wien ist halt nicht Berlin.

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