Österreich im Krisenmodus
Von Dieter Reinisch, WienMitten in den beginnenden Regierungsverhandlungen in Österreich geben neue Daten wohl die Richtung vor: Das Land kommt nicht aus der Wirtschaftskrise heraus. Die Vorhersagen gehen davon aus, dass die Rezession 2025 in ihr drittes Jahr geht. Laut den am Freitag veröffentlichten Daten des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) sinkt das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr voraussichtlich um 0,6 Prozent. Für das kommende Jahr wird mit »einem Konjunkturimpuls aus dem Ausland« gerechnet, aber die Wirtschaftsleistung dürfte weiter unter Rezessionsdruck stehen: »Während die Ausrüstungsinvestitionen im gesamten Prognosezeitraum schrumpfen werden, profitieren die Bauinvestitionen im kommenden Jahr vom Baukonjunkturpaket«, so das Wifo.
Nicht auszuschließen sei also, dass die Wirtschaft stagniere oder gar weiter schrumpfe. Auch bei geringem Wachstum wird auf jeden Fall eine Zunahme der Arbeitslosigkeit erwartet. Außerdem dürfte sich auch im Fall der Heranziehung der besten Daten aus der Wifo-Berechnung das öffentliche Budgetdefizit »zunehmend von den Maastricht-Vorgaben entfernen«.
»Die derzeitige Rezession erstreckt sich über zwei Kalenderjahre und hält damit schon ungewöhnlich lange an«, so Stefan Schiman-Vukan, einer der Autoren der Prognose. 2023 sank das reale BIP um ein Prozent, dieses Jahr wird es um 0,6 Prozent zurückgehen. Die Gründe dafür, so das Wifo: »Ähnlich wie Deutschland leidet auch Österreich unter der Investitionsflaute und der schwachen Nachfrage nach Investitionsgütern und Maschinen.« Österreich würde die Auswirkungen der schwächelnden Wirtschaft im Nachbarland spüren, da dadurch die Warenexporte deutlich zurückgehen.
Die Hoffnung des Wifo: »2025 dürfte die Auslandsnachfrage etwas anziehen und in Österreich für Konjunkturimpulse sorgen, die auch die private Konsumnachfrage beleben.« Dennoch werde die Gesamtwirtschaft allenfalls »nur verhalten wachsen«. Wahrscheinlich sei aber ein drittes Jahr ohne Wirtschaftswachstum: »Eine zentrale Annahme ist, dass die Auslandsnachfrage 2025 wieder anziehen wird, insbesondere aus Deutschland. Sollte die Nachfrage nach Investitionsgütern dagegen so schwach bleiben wie derzeit, könnte dies für Österreich ein drittes Rezessionsjahr zur Folge haben.«
Im Juni hatte das Institut in seiner Prognose noch eine Stagnation prognostiziert. »Die Konjunkturlage ist nun noch angespannter, als bereits im Sommer zu befürchten war, der erhoffte Aufschwung verschiebt sich immer weiter nach hinten. Die strukturellen Probleme werden immer offensichtlicher. Wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen«, kommentierte der Wirtschaftskammer-Generalsekretär, Karlheinz Kopf, die neuen Daten.
Auswirkungen der anhaltenden Inflation seien nicht nur die weiter wachsende Arbeitslosigkeit, sondern auch der Rückgang im Handel, warnt Kopf: »Der heimische Handel muss deutliche Einbußen in der Wertschöpfung hinnehmen, da vom privaten Konsum trotz hoher Lohnsteigerungen nicht die erhofften Impulse ausgehen. Die schwache Konjunktur schlägt sich in Verbindung mit dem immer noch hohen Zinsniveau auch auf die Investitionen nieder.« Außer dem weiteren Rückgang der in Österreich in den zurückliegenden Jahren im EU-Vergleich überdurchschnittlich hohen Inflation sieht der Wirtschaftskammerchef nichts Positives in den neuen Daten.
Bei der Vorstellung der Prognose gab Wifo-Chef Gabriel Felbermayr gleich eine Botschaft an die neue Regierung weiter: Sparen, sparen, sparen, vor allem bei Bildung und Pensionen, »sonst würde die Rezession weitergehen«. Er betonte, dass die geforderten Kürzungen mit dem richtigen Maß und Ziel erfolgen und immer unter der Prämisse stehen müssten, das Wachstum nicht abzuwürgen.
Die Oppositionsparteien FPÖ, SPÖ und Neos kritisierten die Regierung und warfen ihr vor, die Budgetsituation wegen der Wahl bewusst zu positiv dargestellt zu haben. Für SPÖ-Klubobmann Philip Kucher sind die neuesten Prognosen alles andere als überraschend. Er betonte gegenüber dem ORF, Österreich brauche nun jedenfalls »ein Programm für Aufschwung, Wachstum und Beschäftigung«. Von den Gewerkschaften gab es bis Redaktionsschluss noch keine Reaktionen.
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