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Aus: Ausgabe vom 07.10.2024, Seite 10 / Feuilleton
Denksport

Edle Einfalt, stille Größe: Rätsel

Von Marc Hieronimus
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Das Befriedigende am Rätsellösen ist ja, dass eine Sache sauber aufgeht

Was macht die Oma, wenn im Fernsehen weder Angst- noch Schnulz- noch Schlagersendungen kommen? Sie rätselt Kreuzwort. Oder Schweden. Oder Zahlen-, Gitter-, Wortsuchrätsel. Allein die Funke-Mediengruppe hat 94 Rätselzeitschriften. Nur vier davon haben Preisrätsel. Es geht also nicht etwa darum, einen Fresskorb oder eine Moselschiffahrt zu gewinnen, sondern wie in Krimi und Truecrime um Totschlag, und zwar den der Zeit.

Die Nachbarn sind immer dieselben oder immer andere, die Kneipen haben vor Jahren schon geschlossen, die Schallplatten sind durchgenudelt, und Rätseln ist gut für die grauen Zellen – aber nur, wenn es eine Lösung gibt. Darum lieber nicht das Voynich-Manuskript entschlüsseln oder das Bernsteinzimmer in Atlantis finden wollen, sondern bescheiden bleiben, »Großmacht mit drei Buchstaben« und so.

Von allen Titelseiten guckt uns eine meist blonde, gemorpht-gephoto­shoppte Mittdreißigerin direkt in die Augen und sagt wortlos »Kauf mich«. Komisch, dass die Bild-KI nicht die Falschheit des Lächelns korrigieren kann, aber vielleicht soll das ja auch so sein. Die Wahrheit verbirgt sich schließlich im Inneren. Das Befriedigende am Rätsellösen ist ja nicht, dass der Weg ins Grab ein Stückchen kürzer wird, sondern dass bei all dem Unerledigten im Leben und in der Welt – Aktenzeichen XY ungelöst! –, allen Alterserscheinungen, die sich, wenn überhaupt nur noch zum Schlechten lösen, eine Sache sauber aufgeht.

Kreuzworträtsel sind kein dekon­struktivistisch-postmodernes Anything goes, kein Kulturrelativismus, wo jeder ein bisschen und unterm Strich überhaupt niemand recht hat, sondern Klarheit und Reinheit, edle Einfalt, stille Größe und das Ende jeder Diskussion. Nicht nur John »Hannibal« Smith vom A-Team liebt es, wenn ein Plan funktioniert, das tun wir alle, aber nur hier passiert es mit einiger Zuverlässigkeit. Und wenn man mal was nicht weiß, hat man einen Vorwand, die Enkel anzurufen oder in dieses Internetz zu gehen. Fast freut man sich aufs Altenteil.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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