Duell im Senegal
Von Georges HallermayerIm November finden im Senegal Parlamentswahlen statt, nachdem im April der noch weitgehend unbekannte Bassirou Diomaye Faye als Vertreter der damals verbotenen Oppositionspartei PASTEF überraschend zum neuen Präsidenten des westafrikanischen Landes gewählt worden war. Er ernannte den von der Justiz kaltgestellten und mit Haft belegten PASTEF-Gründer Ousmane Sonko zum Premierminister. Im Parlament hatte das Gespann jedoch eine Mehrheit der vorherigen Präsidentenkoalition gegen sich. Also hat Faye im vergangenen Monat das Abgeordnetenhaus aufgelöst und für den 17. November Neuwahlen ausgerufen, wobei es zu einer Neuauflage des Duells vom Frühjahr kommen dürfte, einer Auseinandersetzung zwischen antiimperialistischen und panafrikanischen Kräften um PASTEF und der korrupt-opportunistischen Elite.
Bis zum Stichtag 29. September haben nicht weniger als 49 Parteien ihre Kandidatenliste vorgelegt. Angesichts einer zersplitterten und innerlich zerstrittenen Opposition gilt PASTEF als klarer Favorit. Ihr stehen drei Koalitionen gegenüber: An die Stelle von Macky Salls früherem Regierungsbündnis »Benno Bokk Yakaar«, das zwölf Jahre lang in der Nationalversammlung den Ton angegeben hatte, tritt nun die Allianz »Takku Wallu Sénégal«, die Anfang vergangener Woche Sall zu ihrer Nummer eins ernannte. Sie ist landesweit mit einer weiteren Koalition verbündet, Samm Sa Kaddu, die von früheren Gegnern Salls getragen wird, so Dakars Exbürgermeister Khalifa Sall, der während der Präsidentschaft seines Namensvetters ebenfalls inhaftiert worden war. Außerdem hat der vormalige Premierminister Amadou Ba, der unglückliche Verlierer von Benno Bokk Yakaar bei den Präsidentschaftswahlen, eine weitere Koalition namens Jàmm ak Njariñ aus Exmitgliedern von Benno Bokk Yakaar ins Leben gerufen.
Samba Ndongo, der Sekretär für Internationales der kommunistischen PIT, hat überdies eine für alle Kräfte der Opposition offene Plattform ausgerufen: Atel, die »Allianz für die Transparenz der Wahlen«, wobei der Name bereits auf den auch in Senegal nicht ungewöhnlichen Streit über die Wahlergebnisse schließen lässt. Atel sagte in ihrer Presseerklärung »Nein zum Justizterror« und dem »Wahlputsch«, der durchaus verfassungskonformen Auflösung des Parlaments. Mit »Justizterror« ist eine von der neuen Regierung vorangetragene Antikorruptionskampagne gemeint, bei der es zu ersten Verhaftungen und Anklagen kam. Beanstandet werden aber vor allem Ermittlungen gegen drei Journalisten, die Ende vergangener Woche aus der Untersuchungshaft entlassen wurden, wegen Verleumdung und Verbreitung falscher Nachrichten. Auch ist die PIT gegen eine geplante Senkung der Gehälter und Pensionen im öffentlichen Dienst.
Derweil lässt das Gespann Faye/Sonko nicht nach, seine Wahlversprechen umzusetzen. Auf dem ersten Wirtschaftsforum Senegal–Mauretanien hat Industrieminister Segigne Gueye Diop angekündigt, den Export von Gas einzuschränken zugunsten der nationalen Versorgung und die Weiterverarbeitung im Lande zu fördern. Die Verträge mit ausländischen Partnern werden einem breiten Audit unterzogen, vor allem in den Sektoren Öl/Gas, Bergbau, Transport, Infrastruktur und Fischerei, um die nationalen Interessen stärker zu gewichten. Im Umfeld der UN-Vollversammlung besuchte Faye das Silicon Valley, um mit den Chefs von Nvidia, Google und Meta zu sprechen. Er wirbt dafür, den »New Deal Technologie 2030« zu unterstützen, die numerische Transformation des Landes.
Diomaye Faye äußerte in einem Interview mit dem Sender Al-Dschasira den Wunsch, die Beziehungen zu den westlichen Ländern, »mit denen wir traditionelle und privilegierte Beziehungen haben«, wie auch zu anderen Partnern zu stärken. »Die französische Sprache ist ein kulturelles Erbe, es ist unsere Amtssprache«, betonte er. Dennoch wird im neuen Schuljahr in der Grundschule in einer der sechs in der Verfassung verankerten Sprachen unterrichtet, Diola, Mandinke, Fulfulde, Serer, Soninke oder Wolof, unterrichtet. Am 7. Oktober ist Schulanfang, zum Beispiel ist in der Casamance Diola Unterrichtssprache. »Es ist leichter für die Kinder, danach Französisch zu lernen«, so der Erziehungsminister.
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