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Aus: Ausgabe vom 08.10.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Weltwetterorganisation

Globaler Schwund des Süßwassers

UN-Bericht: Niedrigste Pegelstände in Flüssen und Seen seit 30 Jahren
Von Michael Merz
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Dürre in Brasilien: Menschen schleppen Hilfslieferungen in abgelegene Dörfer. (San Francisco do Maina, 1.10.2024)

Die Süßwasservorräte auf der Welt verschwinden in dramatischem Ausmaß. Flüsse und Seen haben nach einem am Montag veröffentlichten UN-Bericht 2023 insgesamt so wenig Wasser geführt wie seit mindestens 30 Jahren nicht mehr. Vor drei Dekaden hatte die Weltwetterorganisation (WMO) begonnen, Daten darüber zu erheben. Um das mit dem Verlust des Wassers einhergehende Fortschreiten der Erderwärmung zu beschreiben, wählte die WMO-Generalsekretärin, Celeste Saulo, einen besonders anschaulichen Vergleich: »Wasser ist der Kanarienvogel in der Kohlegrube des Klimawandels«, sagte sie anlässlich der Veröffentlichung des Berichts »State of Global Water Resources 2023« laut dpa. Hintergrund: Früher wurden Kanarienvögel in Bergwerke mitgenommen, weil sie bei einer erhöhten Konzentration von tödlichem Kohlenmonoxid früher ohnmächtig werden als Menschen, die dann gewarnt waren.

In bezug auf das globale Süßwasservorkommen bedeutet das: »Wir erhalten Notsignale in Form von immer extremeren Regenfällen, Überschwemmungen und Dürren, die Leben, Ökosysteme und Volkswirtschaften schwer belasten.« 2023 war das heißeste Jahr seit Beginn der Industrialisierung. Gletscher verloren soviel Eis wie nie zuvor. Doch das würde nicht auf Dauer zu hohen Gewässerpegeln führen. In Flüssen, die durch Gletscher genährt werden, steige zwar das Wasser zunächst, erklärte Stefan Uhlenbrook, WMO-Direktor der Abteilung Hydrologie, Wasser und Kryosphäre. Wenn die Gletscher erst verschwunden seien, habe das schwere Konsequenzen für den Fortbestand der Flüsse, so Uhlenbrook laut dpa. Die Menschen müssten sich darauf vorbereiten: mit Wasserreservoirs, aber vor allem durch vorsichtigeren Verbrauch der schwindenden Ressource.

Während es in Ostafrika, im Norden Neuseelands, auf den Philippinen sowie in Nordeuropa mehr Wasser – etwa in Form von Überschwemmungen – gegeben habe, sei der Wasserstand in Flüssen anderer Regionen dramatisch gesunken: etwa im Gebiet des Mississippi in den USA oder des Ganges, Brahmaputras und Mekongs in Asien. 3,6 Milliarden Menschen haben nach UN-Angaben mindestens einen Monat im Jahr nicht genug Wasser – das sind mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung. Die Zahl dürfte nach Modellrechnungen bis 2050 auf fünf Milliarden steigen. Besonders bedrohlich ist die Lage des Amazonas. Wegen der extremen Dürre in Südamerika ist der Pegel des Stroms an der Grenze zwischen Kolumbien, Peru und Brasilien besonders deutlich gesunken. »Der Wasserstand ist in den vergangenen drei Monaten aufgrund der durch den Klimawandel verursachten Dürre um 80 bis 90 Prozent gesunken«, hatte die kolumbianische Katastrophenschutzbehörde Ende September mitgeteilt. In der Region Amazonas im Süden Kolumbiens sind AFP-Angaben zufolge mindestens 7.400 Menschen von den Folgen betroffen. Der zweitgrößte Nebenfluss des Amazonas, der Rio Negro in Brasilien, hat aufgrund der extremen Trockenheit in dem Gebiet den niedrigsten Stand seit 122 Jahren erreicht.

Auch in Südeuropa verläuft der Rückgang des Süßwassers immer rasanter: Der Mornos-Stausee beispielsweise, der die griechische Millionenmetropole Athen versorgt, ist innerhalb von zwei Jahren um gut ein Viertel kleiner geworden. Anhand von Satellitendaten wurde errechnet, dass die Fläche des Sees von gut 17 Quadratkilometern auf nunmehr rund zwölf Quadratkilometer geschrumpft ist. Den stärksten Rückgang gab es dabei in den vergangenen zwölf Monaten.

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