75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Donnerstag, 21. November 2024, Nr. 272
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €

Polnische Arbeiter (II)

Von Helmut Höge
Helmut_Hoege_Logo.png

Auch die polnischen Bergarbeiter wurden 2007 musealisiert: Auf dem Gelände der abgewickelten »Zeche Katowice« entstand für 100 Millionen Euro ein vier oberirdische und drei unterirdische Stockwerke umfassendes »Schlesisches Museum«. Man hat viele Bergwerke in Schlesien touristisch umgenutzt, aber aus dem in Katowice wurde eine ganze multimediale »Kulturzone«.

Schlesien war besonders, denn nachdem Preußen das Land im 18. Jahrhundert in drei Kriegen den Österreichern abgenommen hatte, bemächtigten sich die preußischen Adligen der Ländereien und ließen diese von Polen bearbeiten. Als sie unter ihren Äckern die Bodenschätze entdeckten, mutierten sie zu Kohlebaronen und ihre Landarbeiter zu Bergarbeitern.

Und nun »verändert sich das Profil Schlesiens erneut: weg von der Bergbau- und Schwerindustrie hin zu Dienstleistungen«, erklärte die für Investitionen in der Regionalregierung zuständige Izabela Domagała 2020 dem Deutschlandfunk. Ich kam einmal im »Schlesischen Museum« mit einem arbeitslosen Bergarbeiter ins Gespräch: »Wir sind mit unserem Museum zufrieden«, meinte er. Politisch wurde um die Museumskonzeption heftig gestritten, »so dass mehrere Museumsdirektoren gehen mussten«, berichtete Deutschlandfunk Kultur.

1940 wollten die Deutschen schon einmal ein »Schlesisches Museum« eröffnen. Das fast fertige Gebäude sollte ein »Denkmal des polnisch-jüdischen Hochmuts« werden, es wurde jedoch bis 1944 laut Wikipedia »abgebrochen« und die Exponate zerstreut. Gut möglich, dass einige im 2006 eröffneten »Schlesischen Museum zu Görlitz« landeten, das im schönsten Haus der Stadt untergebracht ist.

Die ganze spätgotisch-barocke Altstadt wurde nach der Wende mit Kamelhaarpinseln renoviert und gehört nun westdeutschen Emeritierten. In den Plattenbauten drumherum brüten Neonazis Böses aus. Die Polen im Museumsbeirat vermuteten auch bei der Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach als Beirätin Böses. Es wurde heftig gestritten. Steinbach, die seit 2022 AfD-Politikerin ist, musste gehen, bekam aber 2021 ein Vertriebenenmuseum in Berlin.

Das Museum in Görlitz ist im wesentlichen mit den Werken deutscher Hochkultur in Schlesien bis 1945 angefüllt. Während das Museum in Katowice genaugenommen erst da anfängt, wobei die Kulturschaffenden vor allem polnische Arbeiter waren.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Jens E. aus Görlitz (8. Oktober 2024 um 12:43 Uhr)
    »Spätgotisch-barock« zur Beschreibung der Görlitzer Altstadt ist unvollständig – auch Renaissancebauten prägen das historische Stadtzentrum. Das Schlesische Museum etwa ist im ältesten erhaltenen Renaissancegebäude nördlich der Alpen, dem Schönhof (erbaut 1525 von Wendel Roskopf) untergebracht. Jens Eisoldt, Görlitz

Ähnliche:

  • Chana Orloff: »Sauterelle« (1939)
    26.04.2023

    Den ermordeten Künstlern

    »Paris Magnétique«: Das Jüdische Museum Berlin zeigt Arbeiten der École de Paris aus den Jahren 1905 bis 1940
  • Steinkohlekraftwerk im polnischen Opole: Liegt dort eine Ursache...
    16.08.2022

    Im trüben fischen

    Suche nach Ursachen für Fischsterben in der Oder. Zusammenhang mit Kohlekraftwerk Opole möglich
  • »Annäherung der Deutschen und Polen angestrebt« – Tafeln an Bien...
    24.05.2016

    Bienekereien

    Wirtschaft als das Leben selbst

Regio:

Mehr aus: Feuilleton