Opposition siegt in Jammu und Kaschmir
Von Thomas BergerGeht es nach den beiden Teilergebnissen, können sowohl Regierung als auch Opposition in Indien die wichtigen Regionalwahlen, deren Stimmen am Dienstag ausgezählt wurden, gesichtswahrend als jeweiligen Erfolg für sich beanspruchen. Die Hindunationalisten der Indischen Volkspartei (BJP) von Premierminister Narendra Modi, die bei den Parlamentswahlen im Frühjahr trotz der Möglichkeit zum Weiterregieren einen deutlichen Dämpfer erhalten hatten und nunmehr auf Koalitionspartner in ihrem Bündnis NDA angewiesen sind, werden auch im Bundesstaat Haryana nahe der Hauptstadt Delhi eine dritte Legislaturperiode regieren können, diesmal sogar allein.
Dafür haben die oppositionellen Kräfte in Gestalt wichtiger Regionalparteien und der Kongresspartei (INC) die positiven Erwartungen in Jammu und Kaschmir sogar noch deutlich übertroffen. Das dortige Ergebnis mag zudem als Quittung dafür gelten, dass die Modi-Regierung dem früheren Unionsstaat im August 2019 seine Autonomierechte genommen und ihn in zwei zentral verwaltete Unionsterritorien aufgespalten hatte. Allerdings lohnt abseits dieser generellen Betrachtung der Blick auf die konkreten Resultate.
Im stark landwirtschaftlich geprägten Haryana, gemeinsam mit dem benachbarten Punjab der Brotkorb Nordindiens und zugleich eine gesellschaftlich besonders konservativ geprägte Region, war in den meisten Umfragen fälschlich ein deutlicher Sieg des INC prognostiziert worden. Tatsächlich erzielte die Kongresspartei mit mehr als 40 Prozent zwar den höchsten Stimmenanteil. Durch das am britischen Vorbild orientierte Wahlsystem holte die seit 2014 parallel zur nationalen Ebene dominante BJP mit rund 38 Prozent der Stimmen aber 48 der 90 Sitze, während der INC nur auf 37 kam. Fünf Mandate gingen an andere Kräfte, nicht aber an die sowohl in der benachbarten Hauptstadt als auch im Punjab regierende, aus der Antikorruptionsbewegung kommende Aam Admi Party.
In Jammu und Kaschmir hatte sich der INC als dortiger Juniorpartner mit der National Conference (NC) verbündet, die auch zur gesamtindischen INDIA-Oppositionsallianz gehört. Das Duett, das sich mit wenigen Ausnahmen auf Wahlkreisabsprachen einigen konnte, holte 49 der 90 Sitze, die BJP kam lediglich auf 29. Es war in dem ehemals stolzen Fürstentum, das sich nach der Unabhängigkeit 1947 erst nachträglich der Indischen Union angeschlossen hatte und eben bis 2019 über etliche Sonderrechte verfügte, die erste Wahl zum Regionalparlament seit zehn Jahren. Zwar blieb die Wahlbeteiligung mit gut 63 Prozent etwas hinter den Erwartungen zurück. Dennoch war es laut Einschätzungen die friedlichste Wahl seit Jahrzehnten. Das stellt angesichts viel wechselseitiger Gewalt seitens der Staatsmacht in Form von Polizei und Armee, separatistischer Gruppen und von pakistanischer Seite aus operierender islamistischer Verbände fast einen Wert an sich dar.
Der BJP war vorgeworfen worden, die Demokratie in Jammu und Kaschmir zu untergraben. Nicht nur hat die Hindu-Mehrheitsregion Jammu 2022 sechs Abgeordnetensitze mehr im Staatenparlament erhalten, das weit überwiegend islamische Kaschmir nur einen. Ein Ungleichgewicht zugunsten der Regierungspartei, die es zuletzt noch ärger trieb: Zu den gewählten Mandatsträgern sollen sich fünf vom Gouverneur ernannte Vertreter gesellen, die nach Vorankündigung alle das BJP-Parteibuch hätten. Mit 49 Sitzen hat das NC-INC-Bündnis nun aber selbst dann noch eine Mehrheit. Zudem dürften die drei Abgeordneten der ebenfalls zu INDIA gehörenden Volksdemokratischen Partei (PDP) eingebunden werden, hatte NC-Chef Farooq Abdullah schon verkündet. Die künftige Regionalregierung dürfte mit Nachdruck für eine Wiederherstellung des Status als vollwertiger Unionsstaat eintreten. Für die nationale Oppositionsallianz ist die Lehre, dass es auf die Bündelung aller Kräfte vor Ort ankommt. Das hat das getrennte Antreten von AAP in Haryana und PDP in Kaschmir illustriert, das sich für beide nicht auszahlte.
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