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Aus: Ausgabe vom 09.10.2024, Seite 15 / Antifaschismus
Schlacht in der Cable Street

Niederlage für Mosley

In Londons East End wehrten Arbeiter im Oktober 1936 einen Faschistenaufmarsch ab
Von Dieter Reinisch
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In der Cable Street stellten sich 1936 Hunderttausende Antifaschisten Mosleys Schwarzhemden in den Weg

»Vergesst eines nie: Die Arbeiterklasse kann die extreme Rechte endgültig besiegen«, schrieb der linke Parlamentsabgeordnete Jeremy Corbyn vergangene Woche auf der Plattform X. Er nahm dabei Bezug auf die Kämpfe im Osten Londons 88 Jahre zuvor.

Am 4. Oktober 1936, einem Sonntag, wurden Oswald Mosleys Faschisten von Arbeitern aus einem mehrheitlich jüdischen Stadtviertel vertrieben. Die Londoner Polizei wollte den Marsch der »British Union of Fascists« (BUF) durch das Viertel zulassen und bot einige tausend Beamte zum Schutz auf. Doch schätzungsweise bis zu 300.000 Antifaschisten stellten sich Mosleys Truppen entgegen. Die Kämpfe gingen unter dem Namen »Battle of Cable Street« in die Geschichte ein und markierten einen zentralen Wendepunkt im Kampf der britischen Arbeiter gegen den Faschismus.

»Bei einer von Sir Oswald Mosley angeführten Prozession durch das Herz des jüdischen Viertels Londons wurden 84 Personen festgenommen und viele weitere verletzt. Daraufhin stießen sie auf Widerstand einer riesigen Menschenmenge«, berichtete die Zeitung The Guardian am darauffolgenden Tag.

Mosley zog mit etwa 5.000 seiner uniformierten Schwarzhemden vom Tower of London ins Herz der Einwanderergemeinden des East End. Mitte der 1930er Jahre war der Bezirk, der heute die Heimat der größten muslimischen Gemeinde Londons ist, vor allem von Iren und Juden bewohnt. Mit dem Marsch wollte der Faschistenchef seine bevorstehende Vermählung mit der Society-Lady und glühenden Naziunterstützerin Diana Mitford zelebrieren: Der Aristokrat wollte erst durch London marschieren und dann weiter nach Berlin fliegen, wo er in Joseph Goebbels’ Haus heiraten wollte – mit Adolf Hitler als Ehrengast.

Die Hochzeit fand zwar zwei Tage später statt, trotzdem verlief es nicht ganz nach Plan für Mosley und seine BUF: »Die Faschisten marschierten gestern in London – aber nicht durch, sondern weg vom East End«, hieß es am 5. Oktober im Guardian. »Lange bevor der Marsch beginnen sollte, kam es im East End zu außergewöhnlichen Szenen. Riesige Menschenmengen versammelten sich entlang der gesamten Route des geplanten Marschs, und es kam häufig zu Zusammenstößen, bei denen die Polizei ihre Schlagstöcke ziehen musste, Schaufenster eingeschlagen, viele Menschen verletzt und viele Verhaftungen vorgenommen wurden.«

Einer der Beteiligten war Max Levitas, der sich 2016 im hohen Alter von 101 Jahren an den Tag erinnerte: »Wir mussten Mosley und seine Faschisten stoppen. Wir mussten dafür sorgen, dass diese Rassisten die Menschen nicht terrorisieren und durch East End marschieren konnten«, erzählte er damals Al-Dschasira. »Es waren riesige Menschenmengen. Alle schrien: ›Kommt, Jungs, wir gehen raus und halten sie auf. Sie wollen marschieren – wir lassen sie nicht.‹ Wir standen zusammen; wir wehrten uns.« In der Cable Street holte die Menschenmenge Material von einem Bauhof und begann, aus Wellblech, Fässern, Pflastersteinen, Kohle und Glas Barrikaden zu errichten. Als die Polizei eingriff, wurde sie mit einem Steinhagel empfangen. Am Abend veranstaltete die Kommunistische Partei eine Versammlung im Rathaus des Stadtteils Shoreditch und führte anschließend eine antifaschistische Demonstration durch East End.

Zehntausende Arbeiter hatten sich den Faschisten entgegengestellt und verhindert, dass die BUF trotz Polizeischutz durch ihr Viertel ziehen konnte. Am 4. Oktober 1936 erlitten die Faschisten aber nicht nur in London eine Niederlage, sondern auch in der französischen Hauptstadt: Die Irish Times berichtete nicht nur über die »Schlacht« in der Cable Street, sondern auch über »einen viel größeren Zusammenstoß zwischen faschistischen und kommunistischen Demonstranten« am selben Tag in Paris. Dem Bericht zufolge wurden bei der Konfrontation rund 1.500 Menschen festgenommen.

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