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Aus: Ausgabe vom 10.10.2024, Seite 1 / Titel
Kolumbien

Manöver gegen Petro

Wahlrat ermittelt: Kolumbiens Präsident spricht von Staatsstreich und ruft zu »Verteidigung der Demokratie« auf
Von Frederic Schnatterer
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Die Rechte mobilisiert schon seit langem gegen den linken Staatschef: Protest gegen dessen Reformen (Bogotá, 6.3.2024)

Es war der Startschuss für die Gegenoffensive. »Der Staatsstreich hat begonnen«, verbreitete Kolumbiens Präsident Gustavo Petro am Dienstag nachmittag (Ortszeit) über den Kurznachrichtendienst X. Kurz zuvor war bekanntgeworden, dass der Nationale Wahlrat (CNE) eine Untersuchung gegen Petro und sein Wahlkampfteam eingeleitet hat. Er wirft dem linken Wahlbündnis Colombia Humana vor, in seiner Kampagne, die den ehemaligen Guerillero 2022 ins Präsidentenamt brachte, mehr Geld gesteckt zu haben als gesetzlich zulässig. Außerdem seien manche Spenden nicht rechtmäßig deklariert worden.

In einer später ausgestrahlten Fernsehansprache an »alle Kolumbianerinnen und Kolumbianer« präzisierte Petro: »Heute ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem Staatsstreich unternommen worden – gegen mich als verfassungsmäßigen Präsidenten, der von mehr als elf Millionen Bürgern gewählt wurde.« Sollte der CNE mit seinem Vorhaben durchkommen, bedeutete dies den »größten Angriff auf die Demokratie in der Geschichte unseres Landes«.

Der Wahlrat hat eigentlich rein administrativen Charakter. Nur ein Ausschuss des Parlaments darf Ermittlungen gegen den Präsidenten aufnehmen. Allerdings, so Petro in der TV-Ansprache weiter, sei der CNE »von denselben Politikastern infiltriert, die unser Land für Jahrzehnte regiert haben«. Die nun aufgenommene Untersuchung verletze nicht nur die kolumbianische Verfassung, sondern auch seine präsidiale Immunität. »Ich stehe einer von der Opposition übernommenen Behörde gegenüber, die um jeden Preis versucht, meine Integrität in Zweifel zu ziehen.«

Die Anklage des CNE richtet sich gegen Petro selbst sowie gegen enge Vertraute, darunter den Wahlkampfleiter von 2022, die Schatzmeisterin und die Rechnungsprüferin. Eingebracht worden war sie von Álvaro Hernán Prada, einem Mitglied der ultrarechten Partei Centro Democrático – also der Partei des Expräsidenten Álvaro Uribe. Uribe, dem schwere Straftaten während seiner Amtszeit vorgeworfen werden, übt weiterhin viel Einfluss auf die Opposition Kolumbiens aus.

Seit Petro vor etwas mehr als zwei Jahren als erster Linker in der Geschichte Kolumbiens das Präsidentenamt übernommen hat, setzen rechte Kreise darauf, den Staatschef in seiner Amtsausführung zu behindern. Im Verbund mit den großen Medien, die auf kampagnenmäßige Verleumdung setzen, greifen sie immer wieder auch auf den traditionell konservativen Justizapparat zurück. Ein solches Vorgehen wird in Anlehnung an den Begriff »Warfare« (Kriegführung) als »Lawfare« bezeichnet. Gemeint ist die Beugung von Recht aus politischer Motivation, meist gegen progressive Politiker gerichtet.

In der Fernsehansprache rief Petro zu »einer umfassenden Mobilisierung des kolumbianischen Volkes für die uneingeschränkte Verteidigung der Demokratie« auf. Alle linken und sozialen Organisationen sollten sich zusammenschließen und wachsam bleiben. Außerdem befahl er »als Präsident« allen Einsatzkräften im Land, »keine einzige Waffe gegen das Volk zu erheben«.

Mehrere Gewerkschaften, indigene und kleinbäuerliche Organisationen versicherten dem Präsidenten nach seiner Rede, die Petro mit dem Ausspruch »Es ist die Zeit des Volkes« beendete, ihre Solidarität. So die Gewerkschaftsverbände CUT, CGT, CDP und CPC. In ihrer gemeinsamen Erklärung heißt es: »Es ist an der Zeit, die Demokratie durch gesellschaftliche Mobilisierung und auf den Straßen zu verteidigen.«

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