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Aus: Ausgabe vom 10.10.2024, Seite 1 / Inland
Wirtschaftsprognose

Wenn Habeck »aus dem Quark« kommt

Wirtschaftsminister verkündet Schrumpfungsprognose, ist aber zuversichtlich
Von Arnold Schölzel
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Hokuspokus aus dem Hause Habeck. Der Wirtschaftsminister stellt am Mittwoch seine Konjunkturprognose vor

Es gibt noch blühende deutsche Gewerbe: In Lübeck begann am Mittwoch ein Zauberkongress mit 600 Teilnehmern. Mehr Magisches gab’s am selben Tag aber in der Berliner Bundespressekonferenz: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) begleitete seine Vorstellung der Herbstprognose seines Hauses zum Wirtschaftswachstum mit einem Wortschwall, der jedem Profiillusionisten mit Kaninchen im Zylinder Ehre machte. Die Fakten: Das Bruttoinlandsprodukt wird um 0,2 Prozent schrumpfen, statt wie von Habeck im Frühjahr angekündigt um 0,3 Prozent zulegen. 2023 hatte es bereits ein Minus von 0,3 Prozent gegeben.

Zwei Rezessionsjahre in Folge gab es bislang nur ein Mal in der Nachkriegsgeschichte, und zwar 2002 und 2003. Dem folgte damals die »Agenda 2010«, das heißt Armut per Gesetz. Heute verlangen Friedrich Merz (CDU) und Christian Lindner (FDP) eine »Agenda 2030«. Habeck setzt mehr auf Abrakadabra und dröhnte von einem »Land voller Stärke«: Ab Anfang 2025 werde alles besser. Wegen höherer Löhne und weil »imposant« sei, was »wir« in den vergangenen zwei Jahren trotz Wegfall russischen Gases und Inflation »hinter uns gebracht haben«. Die Regierung müsse lediglich ihre sogenannte Wachstumsinitiative umsetzen und die »Schuldenbremse« lockern: »Wenn es dort mehr Spiel geben würde, würden wir als Volkswirtschaft wirklich einmal aus dem Quark kommen.« Scheint auch nötig: Seit dem Jahr 2000 ist, wie er sagte, die deutsche Wirtschaftsleistung im Durchschnitt jährlich um ein Prozent gewachsen, seit 2018 stagniert sie, Konjunkturforscher sehen nur noch 0,6 Prozent Wachstumspotential für die Zukunft. Das reicht bald für die rote Laterne unter den Industrieländern, die Habeck aber »führen« will.

Das deutsche Kapital reagierte grummelig auf den Hokuspokus. Es verlangte am Mittwoch »weitere umfassende Reformpakete« (Deutsche Industrie- und Handelskammer) sowie Senkung der Unternehmenssteuern, der Energiepreise und ein Ende des Habeck-Schweigens zur »Explosion der Lohnzusatzkosten« (Verband der Familienunternehmer). Habeck sollte sich auf dem Zauberkongress nach neuen Kaninchen umsehen.

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