Ein teures Perlenhalsband
Von Thomas BergerDer Arbeitstitel für das Projekt ist wohlklingend: Das »Perlenhalsband im Golf von Thailand« soll der Hauptstadt Bangkok und umliegenden Gebieten im Zentrum des Landes, die perspektivisch von Überflutung bedroht sind, als Schutzschild dienen. Es handelt sich um neun künstliche Inseln, die jeweils einen Kilometer von der Küstenlinie entfernt errichtet würden, jede etwa 50 Quadratkilometer groß. Verbunden wären diese Kettenglieder im »Perlenhalsband« untereinander mit mächtigen Dämmen, deren Fluttore die Wogen des Golfs bändigen sollen. 100 Kilometer lang könnte sich diese Reihe dereinst erstrecken.
Herkömmliche Klimamodelle sagen voraus, dass ein großer Bereich östlich der Hauptstadtmetropole bis 2050 angesichts des kontinuierlich steigenden Meeresspiegels möglicherweiße droht, überflutet zu werden. Bei diesem Szenario lägen die meisten Stadtteile Bangkoks außerhalb der unmittelbaren Gefahrenzone. Doch das Problem ist vermutlich umfassender als bisher erwartet. Schon 2019 prognostizierte eine KI-gestützte Studie, dass ganz Bangkok bis zur Mitte des Jahrhunderts absäuft. Climate Central, eine Gruppe von Wissenschaftlern mit Hauptsitz in New Jersey, hatte mit der neuen Technik Fehler bei der Verarbeitung von Satellitendaten beseitigt. Demnach leben speziell in Thailand statt nur einem, ganze zehn Prozent der Bevölkerung in Gebieten, die bis 2050 überflutet werden könnten, sofern nichts zu ihrem Schutz unternommen wird.
Dass das Meer mehr und mehr am Land »knabbert«, merken Bewohner in Küstennähe schon länger, insbesondere in den vielen Siedlungen an der Bucht von Bangkok, einem besonders bedrohten Abschnitt des Golfs von Thailand. Zwischen einem und fünf Metern Küste verliere man dort Jahr für Jahr, schrieb das Portal Mekong Eye in einem Beitrag vom August 2023. Erinnert wurde dabei auch an eine zwei Jahre zuvor veröffentlichte Studie, wonach sich der Anstieg des Meeresspiegels stetig beschleunigt. Zwischen 1977 und 2019 hat sich der Anstieg linear von 0,72 auf 19,19 Millimeter pro Jahr erhöht. In den kommenden Jahren wird diese Gefahr mit fortschreitendem Klimawandel noch weiter zunehmen.
Die Idee des »Perlenhalsbandes« stammt vom früheren Premierminister Thaksin Shinawatra, Vater der amtierenden Premierministerin Paetongtarn Shinawatra. Er hatte sie bei einem Dinner-Event namens »Vision for Thailand 2024« im August erstmals öffentlichkeitswirksam vorgestellt. Vor wenigen Tagen hat die Bangkok Post unter Berufung auf Plodprasop Suraswadi, der bei der tonangebenden Regierungspartei Pheu Thai (PT) das Ressort für Umweltpolitik leitet, näher über das Konzept berichtet. Laut Suraswadi würde die Regierung die Entwicklung der einzelnen Inseln an private Investoren auslagern, die dort gewinnträchtige Immobilienprojekte umsetzen könnten. Nach 99 Jahren würde das neu gewonnene Land dann an den Staat fallen. Unter anderem seien dort hochmoderne Wohnviertel in Form von »Smart Cities« denkbar. Das Vorhaben orientiere sich an Vorbildern wie in den Vereinigten Arabischen Emiraten, den Niederlanden, Hongkong und Singapur, die man genau studiert habe, heißt es. Die Umsetzung würde 20 Jahre dauern, wäre also ein Generationenprojekt.
Obwohl das Projekt noch in den Kinderschuhen steckt, fordert es vielfach Widerspruch heraus. Petch Manopawitr von der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) verwies gegenüber der Bangkok Post darauf, dass technische Großinvestitionen dieser Art nicht das Allheilmittel seien. Viele Staaten würden es vernachlässigen, nach natürlichen Lösungen zu suchen. Auch für Bangkok und Umgebung, gelegen auf einer Tiefebene, gibt es laut Petch etliche sinnvollere Ansätze wie die Vertiefung der Kanäle im »Venedig Südostasiens«, um deren Aufnahmefähigkeit zu erhöhen. Die Inselkette wäre zudem eine Gefahr für die Mangrovenwälder im Küstengürtel. Andere Kritiker sehen das Vorhaben überdies schon aus Kostengründen als Luftnummer.
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