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Aus: Ausgabe vom 11.10.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Konflikte im Südchinesischen Meer

Strikt auf Multipolarität orientiert

Malaysia setzt trotz widerstreitender Interessen nicht auf Konfrontation mit China
Von Jörg Kronauer
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Kein Streit mit Beijing: Malaysische Ölarbeiter im Südchinesischen Meer vor Borneo (o. D.)

Es gibt verschiedene Methoden, die Territorialkonflikte im Südchinesischen Meer zu behandeln, die auf dem am Freitag zu Ende gehenden Gipfeltreffen des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN ein wichtiges Thema waren. Eine Methode führen seit geraumer Zeit die Philippinen vor. Ihre Marine legt sich im Streit um diverse Riffe und Sandbänke offensiv und mit lautem Getöse mit China an. Im Hintergrund drohen mit erhobenem Zeigefinger und gezückten Kanonen die Vereinigten Staaten, die ein Verteidigungsabkommen mit Manila geschlossen haben. Das Resultat: Der Konflikt eskaliert und droht womöglich sogar in einen Waffengang zu münden, bei dem sich die Volksrepublik und die USA gegenüberstünden. Damit wäre im Südchinesischen Meer der ganz große Krieg erreicht.

Eine andere Methode wendet, ohne damit besondere Aufmerksamkeit zu suchen, Malaysia an. Das Land bohrt vor der Küste desjenigen Teils der Insel Borneo, der ihm gehört, nach Öl. Für seine Wirtschaft haben die Erkundungs- und Fördertätigkeiten große Bedeutung. Das Bohrgebiet gehört nach Kuala Lumpurs Auffassung zu seinem Territorium. Allerdings erhebt auch Beijing Anspruch darauf. Im Februar ging bei Malaysias Botschaft in der Volksrepublik eine Protestnote ein, in der sich das chinesische Außenministerium über die Bohrarbeiten beschwerte: Sie fänden, hieß es, in chinesischen Gewässern statt, seien also illegal. Kuala Lumpur blieb ruhig. »Wir haben nie beabsichtigt, irgendwie absichtlich zu provozieren«, ließ sich Premierminister Anwar Ibrahim vernehmen; doch sei Malaysia auf das Öl in seinen Gewässern angewiesen und werde weiterbohren. »Wenn sie den Streit fortsetzen«, äußerte Anwar mit Blick auf China, »okay, dann müssen wir ihnen und sie müssen uns zuhören«. Dann gelte es, eine tragfähige Lösung zu finden – ohne Einmischung Dritter, ohne Gewalt.

Anwar, von dem bei seinem Amtsantritt im November 2022 manche meinten, man werde ihn im Konflikt mit China auf die Seite des Westens ziehen können, hat seitdem immer wieder klargestellt, er lasse das nicht zu. Er lehne die »unablässige Propaganda« ab, der zufolge man »die Dominanz Chinas ökonomisch, militärisch und technologisch fürchten« müsse, erklärte er im Juni, als er den chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang zu Gesprächen in Kuala Lumpur empfing. In Malaysia nehme man »eine neutrale Haltung« ein, sei fest entschlossen, »mit allen Ländern« zu kooperieren, »auch mit China«, teilte Anwar mit. Die Volksrepublik sei sogar »ein wahrer Freund«. »Wir wollen voneinander Nutzen ziehen, voneinander lernen, und wir wollen aus diesem Engagement Gewinn ziehen«, fuhr er fort. Ob es gelingen wird, den Ball flach zu halten? Wer weiß. Der hartnäckige Versuch aber, dies zu tun, ist – davon ist Anwar überzeugt – der einzig gangbare Weg.

Nebenbei: Anwar legt nicht nur Wert auf gute Beziehungen zu China; er ist auch um eine intensive Kooperation mit Russland bemüht. Anfang September hielt er sich zum Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok auf und lud Präsident Wladimir Putin zum ASEAN-Gipfel 2025 ein, der in Malaysia stattfinden wird. Am 22. Oktober wird Anwar erneut in Russland erwartet – diesmal in Kazan, wo der BRICS-Gipfel stattfindet. Malaysia hat den Wunsch, dem BRICS-Bündnis beizutreten. Auch mit Blick darauf hat das Land inzwischen begonnen, seine zuletzt recht angespannten Beziehungen zu Indien wieder auszubauen. Es orientiert strikt auf Multipolarität.

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