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Aus: Ausgabe vom 11.10.2024, Seite 4 / Inland
Regelungen zum Verfassungsgericht

Festung Karlsruhe

Ampel und Union einig bei Regelungen zum Verfassungsgericht. VDJ kritisiert »Wagenburgmentalität«
Von Kristian Stemmler
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In diesem Kasten sitzt das höchste Gericht der BRD (Karlsruhe, 1.10.2024)

Im Bundestag zogen Redner der Ampelfraktionen und der Union am Donnerstag an einem Strang. Erstmals wurde im Plenum ein von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und CDU/CSU gemeinsam eingebrachter Gesetzentwurf beraten, der das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe »besser schützen« soll. Wesentliche Bestimmungen zum Statut des Gerichts, die bisher in einem Gesetz geregelt sind, sollen im Grundgesetz verankert werden. Das geschieht mit Verweis auf das Erstarken der AfD. Verhindert werden soll demnach, dass ultrarechte Kräfte über die Parlamente Einfluss auf das höchste deutsche Gericht erhalten.

Im Grundgesetz festgeschrieben werden soll unter anderem, dass das Gericht aus zwei Senaten mit jeweils acht Richtern besteht, ebenso die Amtszeit von zwölf Jahren, die Altersgrenze der Richter oder das Wiederwahlverbot. Die Richter sollen weiterhin je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt werden. Neu ins Grundgesetz aufgenommen werden soll ein Ersatzwahlmechanismus. Wenn etwa im Bundestag die Wahl eines neuen Richters wegen einer Sperrminorität nicht zustande kommt, soll dieser vom Bundesrat gewählt werden.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte in der Debatte, des Verfassungsgericht habe sich »um unsere Demokratie unglaublich verdient gemacht«. Es sei an der Zeit, »bewährte Strukturen jetzt auch im Text der Verfassung abzubilden«. Damit schütze man das Gericht vor »perfiden Taktiken«, wie sie in anderen Ländern angewandt würden, um die Unabhängigkeit der Justiz infrage zu stellen. So werde man einen Mechanismus einführen für den Fall, dass eine oder mehrere Parteien ein Drittel der Stimmen nutzten, »um die Arbeitsfähigkeit des Verfassungsgerichts zu unterminieren«.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese betonte, die geplanten Änderungen seien »gut für unser Land und gut für unsere Verfassung«. Es gehe darum, das Verfassungsgericht für stürmische Zeiten »wetterfest« zu machen. Wie andere Redner verwies Wiese auf Polen und Ungarn, wo rechte Regierungen die Verfassungsgerichte durch Änderungen ihrer Statuten instrumentalisiert hätten. Auch die CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz erklärte, im europäischen Ausland lasse sich verfolgen, »dass eine unabhängige Justiz zuerst wankt, wenn destruktive Kräfte wirken«.

Ebenso nannte Till Steffen von den Grünen die Vorgänge in Polen und Ungarn als Beispiel. In Polen sei das Verfassungsgericht 2015 in kürzester Zeit »auf Linie gebracht worden«. Was dort geschehen sei, das sei »auch bei uns möglich«. Für den Gesetzentwurf sprach sich auch Clara Bünger aus, rechtspolitische Sprecherin der Linke-Gruppe. Sie warnte, die AfD wolle »eine Justiz, die in ihrem Sinne entscheidet und gegen politische Gegner vorgeht«. Die AfD sprach sich als einzige Partei gegen den Gesetzentwurf aus. Die Änderungen seien »nicht von vornherein abwegig«, erklärte Fabian Jacobi, Obmann der Partei im Rechtsausschuss, eine Notwendigkeit erschließe sich ihm aber nicht. Der neue Wahlmechanismus werde nur dafür sorgen, dass SPD, FDP, Grüne und Union die Besetzung des Gerichts weiter unter sich ausmachen könnten.

Kritik am Gesetzentwurf kam von Andreas Engelmann, Bundessekretär der Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ). Der Schutz vor demokratischen Mehrheiten sei »eigentlich eine Blamage für jeden liberal-demokratischen Parlamentarismus«, sagte er gegenüber jW. Es herrsche »eine Wagenburgmentalität, wo die Mauern – vermeintlich zum Schutz der Demokratie – immer höher gezogen werden«. Damit werde »auch die Beute immer größer, wenn man diese Burg einmal einnimmt«.

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