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Aus: Ausgabe vom 11.10.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Monopolverfahren

Wird Google zerschlagen?

US-Justizministerium legt im Monopolverfahren Zwischenbericht vor. Aufspaltung des Internetkonzerns ist eine Option
Von Sebastian Edinger
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Gerichtlich bestätigter Monopolist: Der Internetsuchdienst Google

Das US-Justizministerium erwägt, eine Aufspaltung des Internetkonzerns Google voranzutreiben. Das geht aus einem Zwischenbericht hervor, den das Ressort am Dienstag im Rahmen eines laufenden Kartellverfahrens vor dem Bundesgericht in Washington vorgelegt hat. Das Dokument enthält laut Handelsblatt verschiedene optionale Maßnahmen, die darauf abzielen, Googles »gesetzwidriges Monopol bei der Internetsuche« aufzubrechen. Die Zerschlagung ist eine davon.

Im August hatte das Gericht dem Konzern attestiert, bei der Internetsuche ein »illegales Monopol« zu sein. Die Vormachtstellung werde genutzt, um Konkurrenten zu schädigen und eigene Produkte zu bevorzugen. »Google ist ein Monopolist und hat als solcher gehandelt, um sein Monopol aufrechtzuerhalten«, argumentierte der zuständige Richter, Amit Mehta, in seiner fast 300 Seiten starken Begründung. Problematisiert wurden etwa die Milliardenzahlungen an Smart­phonehersteller wie Apple, damit sie die Google-Suchmaschine auf ihren Geräten zur Standardoption machen.

Googles illegales Monopol

Der Marktanteil von Google bei der Onlinesuche liegt bei rund 90 Prozent. Selbst die Versuche anderer mächtiger Internetkonzerne wie Microsoft, konkurrierende Produkte wie Bing zu etablieren, sind gescheitert. Google weiß seine Marktmacht profitträchtig zu nutzen und verteidigt sie mit Zähnen und Klauen. Immerhin gehen rund zwei Drittel der Konzerneinnahmen auf Werbeanzeigen zurück, die neben den Suchergebnissen im Browser angezeigt werden. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen allein mit dem Onlineanzeigengeschäft 238 Milliarden US-Dollar (etwa 217 Milliarden Euro).

Mit der Einstufung als illegales Monopol wird jedoch die Grundlage für staatliche Eingriffe geschaffen – und die Zerschlagung ist dabei nach US-Recht ausdrücklich eine Option. Jedoch keine häufig genutzte. Zuletzt wurde mit dem Telekommunikationskonzern AT & T 1984 ein US-Unternehmen aufgespalten. 2001 scheiterte die von der Clinton-Administration vorangetriebene Zerschlagung von Microsoft. Erst konnte sich das Unternehmen vor einem Berufungsgericht aufgrund von Verfahrensfehlern retten, dann kam es zum Machtwechsel im Weißen Haus, und die Bush-Administration trieb die Aufspaltung nicht weiter voran.

Auf einen vermeintlichen Regierungswechsel kann Google hingegen keine allzu großen Hoffnungen setzen. Der Präsidentschaftskandidat der oppositionellen Republikaner, Donald Trump, hatte erst im August seine Abneigung gegen den Konzern zur Schau gestellt. Dieser müsse vorsichtig sein, sagt er. Er habe das Gefühl, das Unternehmen werde »sehr bald zugemacht«. Trumps Vizepräsidentschaftskandidat, James David Vance, hatte sich bereits im Februar offen für eine Google-Zerschlagung ausgesprochen.

Langer Rechtsweg

Doch der Schritt wäre kompliziert und langwierig: Derzeit laufen zahlreiche Kartellverfahren gegen den Konzern, die zunächst abgeschlossen werden müssen. Für den vom US-Justizministerium betriebenen Prozess erwarten Rechtsexperten laut Handelsblatt eine Dauer von drei bis fünf Jahren. Google hat zahlreiche Möglichkeiten, die juristische Auseinandersetzung in die Länge zu ziehen und derweil auf einen günstigeren politischen Wind zu hoffen.

Zudem besteht die Gefahr, dass die Richter aus Angst vor unbeabsichtigten Konsequenzen die Zerschlagung ablehnen. Laut US-Medienberichten zieht das Justizministerium insbesondere die Herauslösung des Smartphonebetriebssystems Android in Erwägung. Dieses läuft weltweit auf über 2,5 Milliarden Smartphones und dient Google als wichtiges Werkzeug, seine App und den Chrome-Browser zu vertreiben. Doch für Android gäbe es außerhalb des Konzerns kaum ein tragfähiges Geschäftsmodell. Erfahrungsgemäß werden die Richter häufig zögerlich, wenn weitreichende wirtschaftliche Folgen drohen.

Derweil scheint Jonathan Kanter, der Chef der Kartellabteilung des Justizministeriums, entschlossen zu sein, das Monopol aufzubrechen. Nach dem nun vorgelegten Zwischenbericht hat er bis zum 20. November Zeit, den Richtern einen detaillierten Vorschlag zu unterbreiten. Google wiederum kann die staatliche Intervention noch abwenden, wenn bis zum 20. Dezember eigene Maßnahmen präsentiert werden, die nach Einschätzung des Gerichts geeignet sind, die Marktmacht umfassend zu begrenzen.

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