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Aus: Ausgabe vom 11.10.2024, Seite 11 / Feuilleton
Kino

Oma fährt Motorrad

Komödie, Drama, Roadmovie, Altersaction und Generationenporträt zugleich: Josh Margolins Regiedebüt »Thelma«
Von Norman Philippen
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Beinah wieder, was sie mal waren: June Squibb (r.) und Richard Roundtree

Kaum hat ihr eigener Enkel sie zwecks erster Schritte ins Internet bei der Hand genommen, wird Thelma (June Squibb, 94) auch schon Enkeltrickopfer und ist um 10.000 Dollar ärmer. Da haben die Betrüger ihre falsche Rechnung allerdings nicht nur ohne Wirt, sondern auch im Unwissen darüber gemacht, dass die zwei Jahre zuvor verwitwete 93jährige zu einer »Mission: Impossible« durchaus noch in der Lage ist. Mit einer Zeitung, die den alternden Hollywood-Beau Tom Cruise zeigt, der es in seiner Rolle als Agent Ethan Hunt auch immer wieder wissen will, zermatscht sie eine Kakerlake und macht sich in eigener unmöglicher Mission auf, das Geld von den Gaunern zurückzuholen. Da dafür ein fahrbarer Untersatz her muss, ihr greiser, im Altersheim lebender Kumpel seinen Seniorenelektro­scooter aber nicht so einfach hergeben will, klettert er auf den Sozius des Zweisitzers, und los geht – Thelmas besorgter Familie immer einen Vorsprung durch Technik voraus – die wilde Fahrt quer durch die Stadt.

Was inhaltlich nach Muss-ich-echt-nicht-gucken-Mist klingen mag, kann sich indes überraschend gut sehen lassen. Denn das von authentischen Enkelerfahrungen des Regisseurs Josh Margolin inspirierte Debüt ist für so einen für die ganze Familie geeigneten Feel-Good-Film ein liebevoll inszenierter, facettenreicher Film geworden. Keineswegs so sentimental wie etwa Ron Howards Auch-wir-Alten-können’s-noch-Krachenlassen-Klassiker »Cocoon« (1985), lädt er zum Kichern ebenso wie zu moderater Tränenkullerei durchaus ein und beweist, dass es auch in Hollywood nicht notwendig allzu abwegig albern werden muss, um amüsante Blicke aufs Altern und Ableben zu werfen.

»Thelma« ist Komödie, Drama, Roadmovie, Altersaction und Generationenporträt zugleich. Von allem ein wenig, von nichts davon zu viel. Wenn der letzten Oktober verstorbene Blaxploitation-Filmheld Richard Roundtree entmutigt beklagt, dass Ben und Thelma, nun einmal alt und marginalisiert, eben nicht mehr seien, »was wir mal waren«, kann das so ans Herz gehen wie die Szene, in der der depressive Enkel Danny (Fred Hechinger) sich – zum Schmerze seiner liebenden Eltern – selbst als unfähige kleine Bitch mit nutzlosen Händen bezeichnet. Ganz einfach und im besten Sinne schön ist er geworden, der kleine Film, dem meine auch nicht mehr blutjunge Mitguckerin eine – untrügliches Zeichen! – »pfiffige« Verwendung von Technikgadgets ganz zu recht attestiert. Eine kurze, feine Schlussequenz, die wohl aus dem Privatarchiv des Regisseurs stammt, macht das Ganze dann endgültig mindestens für all jene, die selbst eine liebe Omi ihr Eigen nennen (konnten) und des Fühlens fähig sind, zu einem gelungenen Film.

»Thelma«, Regie: Josh Margolin, Schweiz/USA 2024, 98 Min., bereits angelaufen

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