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Aus: Ausgabe vom 11.10.2024, Seite 16 / Sport
Fußball

Ein Foul, das du nie bereust

Fünf Sternstunden der niederländischen Fußballegende Johan Neeskens (1951–2024)
Von Gerrit Hoekman
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»El Torero« am Boden: Gegen Peru musste Johan Neeskens 1978 ordentlich einstecken

1. Die Älteren erinnern sich vielleicht noch: Johan Neeskens’ Karriere in der niederländischen Nationalmannschaft beginnt am 11. November 1970 vor 35.000 Zuschauern in Dresden beim EM-Qualifikationsspiel gegen die DDR. Er ist gerade 19 Jahre alt geworden und im Sommer für 300.000 Gulden von seinem Jugendverein Heemstede zu Ajax Amsterdam gewechselt. Peter Ducke von Carl Zeiss Jena vermasselt Neeskens ein erfolgreiches Debüt, als er in der 55. Minute das entscheidende 1:0 erzielt. Ducke wird am Ende der Saison zum DDR-Fußballer des Jahres gewählt, und Neeskens fährt zum ersten Mal mit dem Europapokal der Landesmeister durch Amsterdam. Im Finale gegen Panathinaikos Athen steht er in der Startelf.

2. Am Sonntag, dem 30. Juni 1974, kreuzen sich in Gelsenkirchen die Wege von Neeskens und des DDR-Fußballs erneut – in der Zwischenrunde der Weltmeisterschaft in der BRD. Die Niederlande hatten sich zuletzt 1938 für das Endturnier qualifiziert, für die DDR ist es die erste Teilnahme überhaupt. Das mit 67.000 Zuschauern ausverkaufte Parkstadion ist fest in niederländischer Hand. Zehntausende Oranje-Fans haben sich auf den kurzen Weg in den Kohlenpott gemacht, um »Het Elftal« lautstark zu unterstützen. In der achten Minute erreicht ein leicht abgefälschter Pass mit etwas Glück den im Strafraum lauernden Johan Neeskens. Sein Schuss ins lange Eck bringt die Führung. Am Ende gewinnt Oranje 2:0. Das Tor zum Finale steht sperrangelweit offen. Für die DDR ist es trotzdem ein achtbares Ergebnis gegen die beste Mannschaft des Turniers.

3. Nach der WM wechselt Neeskens zum FC Barcelona, wo er wieder mit Johan Cruijff vereint ist, der Ajax schon ein Jahr vorher Richtung Katalonien verlassen hat. Die Fans im Camp Nou ernennen Neeskens bald zu »Johan Segundo«, Johan, den Zweiten. Als die Mannschaft 1979 zum ersten Mal einen Europapokal nach Barcelona holt – es ist der Pokal der Pokalsieger – weint »De Nees« auf dem Balkon des Rathauses dicke Tränen. Er weiß bereits, dass er den Verein im Sommer verlassen wird. Bei den New York Cosmos wartet schon Kaiser Franz Beckenbauer auf ihn.

4. Niederländische Fußballfans erinnern sich bis heute an Neeskens’ blutverschmiertes Trikot im verlorenen WM-Finale 1978 gegen Gastgeber Argentinien, dem wohl skandalösesten Endspiel der Geschichte. Es wird nach allen Seiten getreten und geschlagen. Neeskens ist bekannt dafür, auszuteilen und einzustecken. Wegen seiner beinharten Zweikämpfe nannten sie ihn in Barcelona auch »El Torero«. In Argentinien ist er jedoch gehandicapt, weil ihm der Peruaner Duarte in der Vorrunde zwei Rippen gebrochen hat. Vier Jahre später spielt »De Nees« mit New York wieder gegen Peru und begleicht die alte Rechnung: Er fügt Duarte eine klaffende Wunde am Knie zu. »Ich fühlte mich sofort zufrieden. Manchmal bereut man ein Foul, aber das habe ich nie bereut. Wir wurden beide vom Feld verwiesen. Ich ging aus eigener Kraft zur Umkleidekabine, und er wurde auf der Trage getragen«, zitierte ihn 1998 die Tageszeitung Trouw.

5. Zuletzt war Neeskens für die »World Coaches« tätig, ein internationales Ausbildungsprojekt des niederländischen Fußballverbandes für Jugendtrainer. »Der Fußball hat mir viel gegeben, aber jetzt verspüre ich mehr Zufriedenheit. Ich denke manchmal: ›Wie glücklich ich doch bin‹«, resümierte Neeskens vor vier Jahren in der Volkskrant. Seine letzte Reise als »World Coach« führte ihn nach Algerien, wo er am Montag verstarb.

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