Vom Kiffen nicht begeistert
Von Kristian StemmlerGut ein halbes Jahr nach der Teillegalisierung von Cannabis ist die Skepsis gegenüber der Reform in der Bevölkerung weiterhin hoch. Einer aktuellen Umfrage des Instituts Yougov im Auftrag der dpa zufolge hält eine knappe Mehrheit von 55 Prozent die Reform rückblickend für falsch. 37 Prozent der erwachsenen Bundesbürger finden sie richtig. Acht Prozent der mehr als 2.100 Befragten waren in der Frage unschlüssig oder machten keine Angaben.
Der Konsum des Rauschmittels ist für Volljährige seit dem 1. April mit Beschränkungen legal. Erlaubt wurde auch der Anbau von bis zu drei Pflanzen gleichzeitig in Privatwohnungen, aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis. Für Minderjährige sind Besitz und Konsum weiterhin verboten. Ein Konsumverbot besteht zudem in Sichtweite von Schulen und Kindertagesstätten sowie in Fußgängerzonen vor 20 Uhr. Seit 1. Juli können daneben nichtkommerzielle »Anbauvereinigungen« – sogenannte Cannabis Social Clubs – mit bis zu 500 Mitgliedern an den Start gehen.
Alexander Poitz, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte die Reform am Freitag. Er habe erhebliche Zweifel daran, dass ein wichtiges Ziel der Reform erreicht worden sei, nämlich den Schwarzmarkt zurückzudrängen. Das Cannabisgesetz sei »handwerklich schlecht gemacht«. Eine Folge sei, dass »Strukturen der organisierten Kriminalität hier jetzt einen viel größeren Markt sehen«. Für sie sei es zudem bequemer, dass sie ihre Dealer nun risikolos auch mit größeren Mengen Cannabis losschicken könnten. Laut dem neuen Gesetz darf jeder Erwachsene bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis mit sich führen. Es sei falsch gewesen, so Poitz, ein Gesetz zu beschließen, »dass die Verantwortung für ein berauschendes Mittel ausschließlich in private Hände legt«.
Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbands, bezeichnete die Darstellung des GdP-Vizes als »faktenfrei«. Gegenüber jW verwies Wurth darauf, dass Gegner der Entkriminalisierung von Cannabiskonsumenten derzeit regelmäßig behaupteten, dass der Schwarzmarkt vom Cannabisgesetz profitiere, so Ende September NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Tatsächlich gebe es dafür »keinerlei Evidenz«. Vielmehr sei davon auszugehen, so Wurth, »dass der Schwarzmarkt durch erheblich zunehmenden Eigenanbau Absatzprobleme hat«. Auch viele neue Rezepte für medizinisches Cannabis reduzierten die Nachfrage auf dem Schwarzmarkt. Diese Entwicklungen würden von Poitz und Reul konsequent verschwiegen, »um gegen die Cannabisreform zu polemisieren«. Vor allem Unionspolitiker hatten die Legalisierung in der Vergangenheit kritisiert.
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