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Aus: Ausgabe vom 14.10.2024, Seite 6 / Ausland
Menschenrechte

Kampf um Peltiers Freiheit

Initiativen wollen Entlassung des politischen Langzeitgefangenen durch US-Präsident Biden erreichen und weiten Kampagne aus
Von Michael Koch
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Falls Biden Ende dieser Woche nach Deutschland kommen sollte: »Aufstehen für Peltier« (Washington, 12.9.2024)

Für den am 12. September 80 Jahre alt gewordenen indigenen politischen Gefangenen Leonard Peltier könnte 2024 immer noch zum entscheidenden Jahr im Kampf um seine Freiheit werden. Nach der Ablehnung von Peltiers Haftentlassung aus humanitären Gründen durch das Federal Bureau of Prisons sowie auf Bewährung durch die U. S. Parole Commission, beides Abteilungen des U. S. Departments of Justice, liegt nun die Hoffnung vor allem auf einer möglichen Begnadigung durch den noch amtierenden US-Präsidenten Joseph Biden. Die Ankündigung seines mittlerweile durch Hurrikan »Milton« verschobenen Besuchs in Deutschland hatte Peltier-Unterstützer in ganz Europa zu einer gemeinsamen Briefaktion an deutsche Parteien, Bundestagsausschüsse und Politiker veranlasst, mit der Bitte, sich bei Treffen mit Biden und zu anderen Gelegenheiten für eine Haftentlassung Peltiers einzusetzen.

In den Briefen werden die erheblichen juristischen Zweifel an der Schuld des langzeitinhaftierten Peltier thematisiert, dem vorgeworfen wird, als Aktivist des American Indian Movement (AIM) für den Tod von zwei Polizisten verantwortlich zu sein. Der in jener Zeit der Repression ermittelnde Staatsanwalt hat mittlerweile eingestanden: »Wir haben nicht beweisen können, dass Herr Peltier bei der Auseinandersetzung in der Pine Ridge Reservation persönlich ein Verbrechen begangen hat.« Die Schreiben gingen an den Bundeskanzler und den Bundespräsidenten, die Außenministerin, die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, den Bundesausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe sowie dessen Mitglieder, an die im Bundestag vertretenen Fraktionen und Gruppen mit Ausnahme der AfD sowie einzelne Politiker und den Botschafter der USA in Deutschland.

Wenn auch aufgrund des Hurrikans der Besuch Bidens vorerst verschoben wurde, so hat die Briefkampagne im politischen Berlin bereits für Aufmerksamkeit gesorgt. Wenn nun Biden in dieser Woche seine Reise nachholt, werden die beteiligten Gruppen medienwirksam nachlegen und damit die aktuellen Ziele der Anwältinnen Peltiers in den USA unterstützen: eine sofortige adäquate medizinische Behandlung des Inhaftierten, dessen Gesundheit leidet; ein Widerspruchsverfahren gegen die Entscheidung der Bewährungskommission, Peltier nach über 48 Jahren Haft nicht auf Bewährung freizulassen, und der Aufruf an Biden, ihn im Rahmen seiner präsidialen Vollmachten zu begnadigen.

Von der Annahme ausgehend, dass gerade dieses Jahr entscheidend für Peltier werden könnte, hatten Unterstützer Ende 2023 die »Europe for Peltier Coalition« (EC) ins Leben gerufen, um die bereits bestehenden Aktivitäten in Europa unter anderem auch der »European Alliance for the Self Determination of Indigenous Peoples« (EA) koordinierend zu ergänzen. Die EA, bestehend aus sieben Organisationen aus der Schweiz, Österreich, Frankreich und Deutschland, arbeitet bereits seit Jahrzehnten zu indigenen Themen und so auch zu Peltier, wobei es langjährige Kontakte zu den Vereinten Nationen in Genf und New York gibt.

Einzelne dieser Organisationen sind auch in der EC engagiert, in der weitere Gruppen aus Italien, Spanien, Polen und aus Deutschland lose kooperieren. Aus Deutschland kommen noch das bundesweite Netzwerk gegen die Todesstrafe, die Gesellschaft für bedrohte Völker und vor allem regionale Bündnisse zur Solidarität mit Mumia Abu-Jamal hinzu, einem weiteren politischen Langzeitgefangenen in den USA. In gemeinsamen Presseerklärungen und an die 40 europaweiten Aktionen, zu denen zuletzt der Appell an die deutschen Politiker hinzukam, wurde anlässlich des 80. Geburtstags von Peltier dessen sofortige Freilassung und medizinische Behandlung gefordert. Das Spektrum der Aktivitäten reichte von den Briefen und Petitionen über Mahnwachen und Kundgebungen bis zu Konzerten und Lesungen. Eine Postkartenaktion an das Weiße Haus in Washington konnte ausgeweitet werden. Bis Ende September wurden Zehntausende Menschen in Europa, aber auch die relevanten Entscheidungsträger in den USA erreicht.

Michael Koch ist Mitarbeiter von Tokata – LPSG Rhein-Main e. V.

Info, Kontakt und Solipostkarten: lpsgrheinmain@aol.com und leonardpeltier.de

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