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Aus: Ausgabe vom 14.10.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Bärtige Einsichten

Zu jW vom 10.10.: »Wenn Habeck ›aus dem Quark‹ kommt«

Es könnte natürlich auch sein, dass Wirtschaftskrisen, wie wir sie bei der Überproduktionskrise der Autoindustrie gerade erleben, nicht im Fehlverhalten einzelner Akteure wurzeln, sondern tiefere Ursachen haben. Insofern ist es nicht zielführend, auf Herrn Habeck zu zeigen und ihn aller Sünden dieser Welt zu bezichtigen. In leichter Abwandlung eines berühmten Ausspruchs könnte man sagen, dass der Kapitalismus eben die Krise in sich trägt wie die Wolken den Regen. Warum das so sein muss, hat ein bärtiger Mann vor über 150 Jahren sehr treffend beschrieben. Vielleicht wäre es wichtig, bei ihm nachzulesen, wo die eigentlichen Krisenursachen auch heute noch liegen. Habeck allein heißen sie jedenfalls nicht.

Joachim Seider, Berlin

Gerne eine Split-EP

Zu jW vom 9.10.: »Kraniche über der Stadt«

Ich habe Tino Eisbrenners Bücher »Das Lied vom Frieden« und »Kraniche« gekauft und gelesen und kann diese guten Gewissens weiterempfehlen. Er beschreibt seine Erlebnisse mit Russenhass in Deutschland und das herzliche Entgegenkommen der russischen Menschen gegenüber seiner Person, weil er mit ganzem Herzen zu dem steht, was er auf der Bühne interpretiert. Ich habe großen Respekt vor Eisbrenner als Künstler, da er den Mut hat, öffentlich dem Tun unserer selbstherrlichen und arroganten Regierung etwas entgegenzutreten.

Eisbrenner war 2023 auf dem Moskauer Musikfestival »Der Weg nach Jalta« zusammen mit der Sängerin Zara aufgetreten, um gemeinsam das Lied »Kraniche«, teils in deutscher und russischer Sprache, zu singen. Ich bekam selbst Gänsehaut, als ich las, dass sich alle sechstausend Besucher dieses Festivals erhoben, als die ersten Zeilen auf deutsch erklangen. Für diese Darbietung errangen beide den zweiten Platz. Ich würde mir wünschen, dass Zara und Tino dieses Lied gemeinsam in Deutschland öffentlich uns zu Gehör bringen könnten.

Elvira Liebmann, per E-Mail

Zweitausend-Faktor-Authentisierung

Zu jW vom 10.10.: »›Die Betroffenen haben ­keine Kontrolle darüber‹«

Formal hat jede Versicherte die Möglichkeit, ihre ePA selbst zu verwalten. Die Hürden dafür sind aber gewaltig: Man braucht ein Mobiltelefon mit aktuellem Betriebssystem und NFC-Funktion. Darauf kann man die ePA-App der entsprechenden Krankenkasse installieren. Dazu wird eine PIN für die Gesundheitskarte bei der jeweiligen Krankenkasse angefordert. Um die PIN zu erhalten, muss man eine Authentifizierung durchführen (Postident, Aufsuchen einer Vertretung der Versicherung mit Vorzeigen vom Personalausweis. Ob andere Möglichkeiten auch angeboten werden? Per eID mit dem Perso?). Bei Postident beginnen schon die Probleme: Steht auf der Gesundheitskarte nicht genau der Name (alle Vornamen!) wie auf dem Perso – Feierabend. Kommt nach Ablauf der Gültigkeit eine neue Gesundheitskarte: PIN weg, neue beantragen! Man sieht es deutlich: Die Kundin ist der Arsch. Deshalb meine Empfehlung: Die Einrichtung einer ePA ablehnen und erst dann akzeptieren, wenn man die Möglichkeit zur Verwaltung selbiger hat!

Heinrich Hopfmüller, Stadum

Nie ohne Zigarre

Zu jW vom 8.10.: »Ludwig, ich habe die ­Wirtschaft geschrumpft«

Der Ludwig hätte für den Murks aber bestimmt noch einen griffigen Propagandabegriff ersonnen. So wie den der sogenannten sozialen Marktwirtschaft, den er bereits in den 1940er Jahren den Nazis angedient hatte, um die Leute in der Nachkriegszeit weiter zu verarschen. Ein interessantes und passendes Zitat aus dem thematisierenden Text der antikapitalistischer Propaganda unverdächtigen BPB, für die Naivlinge, die sogar heutzutage noch meinen mögen, in der Verpackung wäre das enthalten, was draufsteht:

»Die soziale Marktwirtschaft baut auf Elementen der freien Marktwirtschaft auf, ist in der tatsächlichen Ausgestaltung jedoch durch die wirtschaftstheoretischen Vorstellungen des Neoliberalismus (siehe dort) und des Ordoliberalismus (siehe dort), vor allem vom Nationalökonomen Walter Eucken (geb. 1891, gest. 1950) und der Freiburger Schule geprägt.«

N. Schreiber, München

Bonusmeilen gesammelt

Zu jW vom 4.10.: »Arbeitsreicher Neubeginn in Mexiko«

Zur Amtseinführung der mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum am 1. Oktober 2024 entsandte die Bundesrepublik Deutschland als ihren offiziellen Vertreter den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, der derzeit allerdings keinerlei politische Funktion innehat. Weder ist er Abgeordneter des Bundestages, noch eines Landtages. Zur Amtseinführung wurden Staats- bzw. Regierungschefs eingeladen. Artikel 57 des Grundgesetzes legt fest, dass bei Verhinderung des Bundespräsidenten er vom Präsidenten des Bundesrates vertreten wird. Allgemein wird davon ausgegangen, dass an dritter Stelle des Protokolls der Präsident des Bundestages steht. An welcher Stelle stehen ehemalige Bundespräsidenten? Die Tätigkeit eines ehemaligen Bundespräsidenten beschränkt sich auf »nachwirkende Aufgaben«. Gehört dazu die Vertretung des Staates nach außen? Auf der Grundlage welches Gesetzes ist ein ehemaliger, ansonsten funktionsloser Bundespräsident offizieller Vertreter der Bundesrepublik? Es gibt darüber hinaus noch zwei weitere lebende Exbundespräsidenten (Horst Köhler, Joachim Gauck). Sind auch sie offizielle Vertreter des Staates? Für mich ist Wulffs Entsendung als offiziellenStaatsvertreter zu diesem Staatsakt auf höchster Ebene eine Düpierung und Brüskierung Mexikos, die von einer Geringschätzung Mexikos zeugt und die Überheblichkeit gegenüber einem Land des globalen Südens zeigt, das darüber hinaus G20- und OECD-Mitglied ist. Die Frage ist, wie das in Mexiko aufgenommen und registriert wird, mit einem abgehalfterten, zurückgetretenen Expräsidenten beehrt zu werden.

Gerhard Mertschenk, per E-Mail

Zur Amtseinführung der mexikanischen Präsidentin entsandte die Bundesrepublik als ihren offiziellen Vertreter Christian Wulff, der derzeit allerdings keinerlei politische Funktion innehat.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!