Jetzt bist du dran!
Gegründet 1947 Dienstag, 15. Oktober 2024, Nr. 240
Die junge Welt wird von 2964 GenossInnen herausgegeben
Jetzt bist du dran! Jetzt bist du dran!
Jetzt bist du dran!

Flesch unter der Bettdecke

Von Pierre Deason-Tomory
14_radio.JPG
Ist das Smartphone die Büchse der Pandora?

Frage an Sender Jerewan: Ist es möglich, sich das erste Hörspiel der deutschen Radiogeschichte anzuhören? Antwort: Nein. Nur im Prinzip. Am 24. Oktober 1924 wurde bei der Südwestdeutschen Rundfunkdienst AG (Süwrag) in Frankfurt am Main »Zauberei auf dem Sender« gesendet, live inszeniert, einen Mitschnitt gibt es davon nicht. Geschrieben und ins Werk gesetzt hatte das turbulente Stück der Rundfunkpionier Hans Flesch, der darin die Möglichkeiten des neuen Mediums ausreizen wollte. Das Manuskript überdauerte die Zeit, während sein Autor 1933 von den Nazis mundtot gemacht wurde und in der Knochenmühle der letzten Kriegstage verschwand. Seitdem ist das Hörspiel gelegentlich neu aufgenommen oder adaptiert worden, zuletzt im September gleich zweimal von zwei verschiedenen Kollektiven. Andreas Ammer präsentierte, natürlich live, am 15. September auf dem Berliner Hörspielfestival die Koproduktion »Entzauberung auf dem Sender« mit dem Duo Driftmachine und dem Geräuschkünstler Rumpeln. Auf demselben Festival und beim Deutschlandradio-Funkhausfest am 28. September führten Melina von Gagern, Stella Luncke und Barbara Meerkötter ihre Version auf, ebenfalls live und nach dem Schöpfer betitelt als »Fleschback«. Mitschnitte davon kann man am Freitag auf DLF Kultur hören, im Prinzip, mit Taschenlampe unter der Bettdecke, wenn man um 0.05 Uhr noch aufnahmefähig ist. Ammers »Entzauberung« läuft dort in der Woche darauf, am Freitag, dem 25. Oktober, ebenfalls um 0.05 Uhr.

Die ARD-Kulturradios bringen in dieser Woche die neue »Radiotatort«-Folge »Mein Schatz« von Madeleine Giese; die Mordkommission in Saarlouis ermittelt unter organisierten Frauenhassern (SR 2024, Fr., 19.04 Uhr, WDR 3, Sa., 19.04 Uhr, HR 2 Kultur, SWR Kultur, 20.03 Uhr, Bayern 2, So., 17.04 Uhr, SR 2, 18.05 Uhr, Bremen Zwei, 19.04 Uhr, NDR Kultur). Über rechte Gewalt in den 1980er Jahren, »Hamburgs Baseballschlägerjahre«, hat Philipp Schnee recherchiert (DLF 2024, Di., 19.15 Uhr, DLF). Die Monstrosität des Krieges erkennen die Protagonisten der Erzählung »Das Pferd« von Claude Simon in den Augen eines sterbenden Armeegauls, Till Firit liest in den »Radiogeschichten« Auszüge (Do., 11.05 Uhr, Ö 1). Die »Kulturnacht der Bücher 2024« von der Frankfurter Buchmesse verspricht die Vorstellung »einige der schönsten, wichtigsten und witzigsten Bücher des Herbstes« (Fr., 20.03 Uhr, auf fast allen ARD-Kulturwellen).

Die Autorin Heike Bittner hat einen Mann auf seinem Weg in eine »Schwere Freiheit« begleitet, der nach neun Jahren aus dem Knast entlassen wird, mit zwei Pappkartons, einer Schachtel Zigaretten und null Perspektive (MDR 2015, Sa., 9.04 Uhr, MDR Kultur). Den Roman »Hard Land« von Benedict Wells hat Leonhard Koppelmann zu einem dreiteiligen Hörspiel verarbeitet, die erste Folge kommt am Sonnabend (HR, NDR, SRF 2024, 18.05 Uhr, NDR Kultur). Etwas später wird live aus der Wiener Staatsoper die einzige Oper von György Kurtág übertragen, »Fin de partie«, eine Vertonung von Samuel Becketts Drama »Endspiel« (19.30 Uhr, Ö 1). Die »sozialen« Medien sind »Das Fass der Pandora«, das über den Kindern unserer Tage ausgeschüttet wird und deren Psyche zerrüttet, befürchtet die Autorin Elisabeth Eisenmann (NDR 2024, So., 18.04 Uhr, NDR Kultur). Alle Welt glaubt derweil zu wissen, dass auch die jungen Erwachsenen nicht mehr richtig ticken, zumal wenn diese miese Jobs schmeißen. Die Bummelanten erklären sich in einem »Zeitfragen-Feature«, das unter dem Hashtag ­»#quitmyjob« bei DLF Kultur zu finden ist (Mo., 19.30 Uhr).

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Mehr aus: Feuilleton