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Aus: Ausgabe vom 15.10.2024, Seite 16 / Sport
Radsport

Letzte europäische Stationen

Zum Abschluss der Radsportsaison: 118. Lombardei-Rundfahrt und Simac Ladies Tour
Von Holger Römers
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Tadej Pogačar bei der Lombardeirundfahrt (Bergamo, 12.10.2024)

Im Straßenradsport der Männer findet ab dem 15. Oktober noch die sechstägige Tour of Guangxi statt, die am Sonntag wiederum als Eintagesrennen der Frauen ansteht, die bis Donnerstag zunächst die Tour of Chongming Island bestreiten. Diese traditionsarmen chinesischen Veranstaltungen verdanken ihre Einordnung in die höchste Rennkategorie des Weltverbandes UCI vor allem dessen (mäßig erfolgreicher) Strategie, neue Märkte zu erschließen. Für die allermeisten namhaften Fahrer war die Saison derweil am vergangenen Wochenende beendet: Am Sonnabend wurde die 118. Lombardei-Rundfahrt ausgetragen, die bei den Männern ebenso die letzte europäische Station der World Tour markierte wie bei den Frauen die am Sonntag abgeschlossene Simac Ladies Tour.

Mit ihrem Gründungsjahr 1998 ist diese einwöchige Veranstaltung im jungen Profibetrieb der Frauen schon altehrwürdig. Dass die Rundfahrt, die 2023 das belgische Löwen einschloss, wieder dem ursprünglichen (werbefreien) Namen Holland Tour gerecht wurde, bedeutete freilich einen Rückschritt hinsichtlich des Ziels der Organisatoren, künftig die ganze Benelux-Region abzudecken. Dass der gewohnte Septembertermin hinfällig wurde, mag ebenso ein Indiz sein, dass im Radsport, dessen wirtschaftliche Basis bei den Frauen noch wackliger ist als bei den Männern, womöglich ein weiteres Traditionsrennen gefährdet ist.

Nach dem von der 20jährigen Britin Zoe Bäckstedt (Canyon/SRAM Racing) gewonnenen Auftaktzeitfahren in Gennep ließen die weitgehend flachen Streckenprofile Sprintankünfte erwarten. Folgerichtig belegten die weltweit besten Sprinterinnen, die Niederländerin Lorena Wiebes (Team SD Worx – Protime) und die Italienerin Elisa Balsamo (Lidl – Trek), auf den Etappen zwei und drei in der genannten Reihenfolge die ersten Plätze. Dass die 25jährige Wiebes tags darauf nicht zum Zug kam, lag indes am spontanen Kalkül ihrer sportlichen Leitung, ein Dutzend Ausreißerinnen nicht unbedingt einzuholen.

Dass mit der 34jährigen Italienerin Barbara Guarischi eine andere SD-Worx-Fahrerin siegte, rechtfertigte kurzfristig die Taktik des drückend dominanten Teams, die freilich mittelfristig fragwürdig schien, da sie der zehn Jahre jüngeren Deutschen Franziska Koch (Team DSM-Firmenich/Post NL) die Gesamtführung ermöglichte. Zwar hatte Vorjahressiegerin Lotte Kopecky nur acht Sekunden Rückstand, die sich mit der Zeitbonifikation für einen Etappensieg oder zwei zweite Plätze wettmachen ließen – sofern nicht Koch für einen Top-drei-Platz mit Sekundengutschrift belohnt würde. Doch am vorletzten Tag konnte die 28jährige Belgierin in den erneut von Wiebes vor Balsamo gewonnenen Sprint nicht eingreifen, weil sie kurz vorm Ziel schwer stürzte. Um so unwahrscheinlicher schien, dass Kopecky den auch auf der sonntäglichen Etappe erwarteten Sprint gegen Balsamo gewinnen würde. Trotzdem glückten der belgischen Weltmeisterin in einem Herzschlagfinale Tages- und Gesamtsieg, als eine Ausreißerin gut zehn Meter vorm Ziel von Wiebes eingeholt wurde, die wiederum rechtzeitig ihr Tempo drosselte, um die im Windschatten herangeführte Kollegin überholen zu lassen. Als Achte musste Koch sich indes mit Gesamtrang zwei vor Bäckstedt begnügen.

Am Vortag hatte die Lombardei-Rundfahrt den absehbaren Verlauf genommen. Zwar war die Ausreißergruppe, die sich irgendwann gebildet hatte, namhaft besetzt, doch sie war zu groß, um effektiv zusammenzuarbeiten. Also wurden ihre letzten verbliebenen Mitglieder, wie allseits erwartet, an der Colma di Sormano wieder eingeholt. Spätestens an diesem 13 Kilometer langen Anstieg war auch mit der Attacke des großen Favoriten gerechnet worden – die nun just im selben Moment erfolgte: Nachdem seine Mannschaft vorher die Geschwindigkeit erhöht hatte, ging Tadej Pogačar (UAE Team Emirates) in die Offensive, worauf der zweite Siegkandidat, Remco Evenepoel (Soudal Quick-Step), mit einer eigenen Beschleunigung reagierte, jedoch ohne mit dem 26jährigen Slowenen mitgehen zu können. Der genoss die letzten 48 von insgesamt 255 Kilometern daraufhin als weitere unangefochtene Solofahrt.

Dass Evenepoel am Zielort Como, den er – wie der italienische Dritte Giulio Ciccone (Lidl – Trek) – ebenfalls solo erreichte, von Tränen überwältigt wurde, war indes genauso verständlich wie Pogačars Jubel über seinen vierten aufeinanderfolgenden Triumph bei diesem Monument des Radsports, der zugleich sein 25. Saisonsieg war. Der Belgier erklärte seinen zweiten Platz überzeugend zum »persönlichen Sieg«, nachdem er 2020 beim gleichen Rennen einen Unfall erlitten hatte, der zweifellos tödlich hätte enden können.

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