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Aus: Ausgabe vom 17.10.2024, Seite 10 / Feuilleton
Materialkunde

Gold ist das nicht: Silber

Von Marc Hieronimus
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Husch, husch, zurück in die Schublade!

Silber hat einen zwiespältigen Ruf. Tafelsilber gilt als etwas Gutes. Wenn der Staat es verkauft, d. h. versilbert, dann meist völlig unter Wert, und danach fehlt es in der guten Stube. Dabei ist gar nicht klar, warum man statt edelstählernem silbernes Besteck verwenden sollte, das ständig poliert und in der Spülmaschine vom billigen, aber unempfindlichen getrennt werden muss. Haushaltsdarwinisten sind da rigoros: Was nicht umstandslos in die Maschine kann, hat sein Recht auf Existenz in der Schublade verwirkt.

Oder die Silbermedaille. Über die freut man sich geht so. Mit Gold ist man erster, mit Bronze froh, dass man es so gerade noch aufs Podest geschafft hat, aber wer will denn bitte Silber? Nicht zufällig sind auch Silberfische zwar viel häufiger, aber auch viel unbeliebter als Goldfische. Silberrücken hingegen sind dominante Gorillamännchen. Schlecht, oder? Maskulin an sich ist ja heute schon »toxisch«, dann auch noch nicht mehr ganz jung … Aber King Kong war ein (edler?) Wilder mit gutem Geschmack – oder war er pervers, weil artfremd an einer weißen Menschenfrau interessiert? Man stelle es sich einmal anders herum vor. Als Bezeichnung für einen grobschlächtigen Personenschützer ist »Gorilla« immer noch kein Kompliment, aber heute wissen wir, dass die Primaten »sanfte Riesen« sind, soziale Vegetarier, und die Silberrücken die weisen Vorstände ihrer Familienverbände. Also doch gut.

Oder der Silver Surfer. Superheld zwar, aber nicht Justice League, höchstens Regionalliga. Die Comic-Übermenschen Stan Lee (Szenario) und Moebius (alias Jean Giraud, Zeichnung) sind für einen Band des silbernen Wellenreiters zusammengekommen, und die jeweiligen Fangemeinden sind sich einig: Gold ist das nicht, eher Holzklasse. Neulich im Radio bezeichneten irgendwelche Marketing- oder Soziologiefuzzis die Gruppe der Rentner mit Internetanschluss als Silver Surfer. Was muss man noch alles miterleben? In diesen Orwellschen Vorkriegszeiten heißt es mehr denn je: Reden ist Schweigen, Silber ist Gold.

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